Eine Unique Selling Proposition (USP) für das Marketing zu entwickeln, ist im B2B-Geschäft schwieriger geworden. Mittlerweile setzen auch in Deutschland immer mehr Unternehmen auf die großen Trends aus den USA. Für Inbound Marketing gilt das schon seit einigen Jahren – und auch Account-based Marketing (ABM) ist hierzulande längst keine Randerscheinung mehr.
Die Folgen dieser Entwicklung liegen auf der Hand: Wenn immer mehr Anbieter in einer Branche Inbound oder Account-based Marketing betreiben, wird es für jeden einzelnen schwieriger, Marketing-Ziele zu erreichen. Schließlich geht es bei beiden Ansätzen darum, Vertrauen bei (potenziellen) Kunden und Key-Accounts aufzubauen. Das funktioniert am besten, wenn der Wettbewerb sich auf andere Baustellen konzentriert.
Auch wenn in manchen Branchen eine gewisse Übersättigung zu beobachten ist (Content Shock), bedeutet das nicht, dass Inbound und Account-based Marketing nicht mehr funktionieren. Allerdings sind Sie im Online-Marketing stärker denn je auf eine USP angewiesen ist – ein Alleinstellungsmerkmal, das sie von Wettbewerbern unterscheidet. Hierbei hilft Ihnen eine Konkurrenzanalyse.
In drei Schritten zur Marketing-USP
Konkurrenzanalysen zielen darauf ab, die Stärken und Schwächen seiner wichtigsten Wettbewerber zu identifizieren und aus den Erkenntnissen Schlussfolgerungen für das eigene Handeln zu treffen. Aus der Analyse ergeben sich konkrete Ziele, die Sie mithilfe einer passenden Strategie in Angriff nehmen können.
Im Online-Marketing besteht eine Konkurrenzanalyse aus drei Hauptschritten:
- Identifizierung der wichtigsten Wettbewerber.
- Analyse und Bewertung der Online-Marketing-Performance der Wettbewerber.
- Schlussfolgerungen für das eigene Online-Marketing.
1. Identifizierung der wichtigsten Wettbewerber
Zunächst müssen Sie festlegen, was Sie überhaupt analysieren möchten. Das mag banal klingen. Allerdings brauchen Sie nicht einfach eine Liste, auf der alle Konkurrenten Ihres Unternehmens stehen. Stattdessen benötigen Sie eine gefilterte Auflistung Ihrer wichtigsten direkten Konkurrenten. Dafür müssen Sie Ihre Wettbewerber klassifizieren:
- Indirekte Wettbewerber sollten Sie im Auge behalten, aber nicht in Ihre Liste aufnehmen. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die zwar das gleiche Kundenbedürfnis wie Sie stillen, allerdings andere Produkte oder Dienstleistungen anbieten.
- Direkte Wettbewerber stammen aus derselben Region (bzw. demselben Land) wie Sie und bieten die gleichen (oder sehr ähnliche) Produkte & Services an wie Sie. Es sind Unternehmen, die Sie grundsätzlich vom Markt drängen könnten.
Bei Ihrer Konkurrenzanalyse sollten Sie sich auf Ihre wichtigsten direkten Wettbewerber konzentrieren. Andernfalls artet Ihre Analyse womöglich aus. Empfehlenswert ist es, sich fünf bis zehn Unternehmen herauszusuchen. Das bringt mehr, als krampfhaft zu versuchen, jeden einzelnen Konkurrenten bis ins Detail zu analysieren.
2. Analyse und Bewertung der Online-Marketing-Performance der Wettbewerber
Als nächstes nehmen Sie die Wettbewerber unter die Lupe. Um die Konkurrenten richtig einschätzen zu können, brauchen Sie einerseits allgemeine Informationen über das Unternehmen und Angebot. Andererseits benötigen Sie spezifische Informationen über deren Marketing- und Vertriebstrichter sowie die dahinter stehenden Strategien.
Zu Beginn geht es vor allem darum, Fragen zu beantworten:
Allgemeine Fragen
- Wie hoch sind der Jahresumsatz und der Gesamtabsatz des Unternehmens?
- Wächst das Unternehmen oder trifft es momentan Sparmaßnahmen?
- Wie groß ist sein Marktanteil?
- In welchem Preissegment bewegt sich sein Angebot?
- Heben sich das Produkt und/oder die Dienstleistung des Unternehmens vom Markt ab?
Fragen zu Vertrieb und Online-Marketing-Strategie
- Wie ist das Unternehmen im Content Marketing aufgestellt?
- Über welche Kanäle verkauft/bewirbt/kommuniziert es sein Angebot?
- Wie sieht der Vertriebsprozess in der Praxis aus?
- Aus welchen Gründen entscheiden sich Kunden gegen eine Zusammenarbeit mit dem Unternehmen?
- Wie bewerten Sie Design und Usability der Webseite?
- Wie steht es um die Geschwindigkeit der Seite?
- Pflegt das Unternehmen bereits einen Blog?
- Falls ja: In welchem Rhythmus veröffentlicht das Unternehmen seine Beiträge? Und wie umfangreich sind die Texte?
- Finden sich auf der Webseite Pressemitteilungen?
- Setzt das Unternehmen auf informative Grafiken oder Comics?
- Zeigt das Unternehmen anhand von Case Studys auf, wie eine Zusammenarbeit mit ihm in der Praxis funktioniert?
- Bietet es High Value Content wie Whitepaper oder E-Books zum Download an?
- Finden Webseiten-Besuchern Videos, Webinare, Podcasts, Präsentationen oder ähnliche Informationsangebote?
- Stellt es einen Newsletter zur Verfügung? Und wenn ja: Wie wird der Newsletter auf der Webseite (und anderen Kanälen) beworben?
- Was macht das Unternehmen im Bereich Suchmaschinenoptimierung?
- Für welche Keywords rankt es besonders gut? Und bei welchen hat es Nachholbedarf?
- Nutzt es bezahlte Anzeigen in Suchmaschinen?
- Bietet die Webseite des Unternehmens einen FAQ-Bereich?
- Welche Online- und Offline-Kampagnen führt das Unternehmen derzeit durch?
- Wie ist es im Social-Media-Bereich aufgestellt?
- Auf welchen Social-Media-Kanälen ist es besonders intensiv vertreten?
- Wie häufig postet das Unternehmen Beiträge in den sozialen Medien?
Bei vielen dieser Fragen empfiehlt es sich, seine Kunden mit ins Boot zu holen. Ist z. B. in Ihrem CRM vermerkt, dass jemand in der Vergangenheit mit Ihrem Wettbewerber zu tun hatte, erhalten Sie von diesem Kontakt möglicherweise genau die Antworten, die Sie suchen. Fehlen diese Informationen im CRM, können Sie es bei Kunden, zu denen Sie ein gutes Verhältnis pflegen, auf „gut Glück“ probieren.
Quellen und Tools
Viele dieser Fragen können Sie nicht ohne weiteres beantworten. Die dafür nötigen Erkenntnisse gewinnen Sie mithilfe verschiedener Quellen und Tools. Hier ein paar Beispiele, die Ihnen dabei helfen, Ihre Konkurrenten zu analysieren:
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- Marktstudien liefern auch im B2B-Umfeld Erkenntnisse darüber, wie gut welche Unternehmen einer Branche in bestimmten Bereichen aufgestellt sind.
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- Bundesanzeiger und Unternehmensregister geben Ihnen darüber hinaus Aufschluss über finanzielle Daten Ihrer Wettbewerber.
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- Keyword-Tools wie Ubersuggest vonNeil Patel zeigen Ihnen, wie die Webseiten Ihrer Konkurrenten SEO-technisch aufgestellt sind.
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- Mithilfe von Social-Media-Software wie BuzzSumo finden Sie heraus, welcher Content in den sozialen Medien besonders gut ankommt. Informationen können Sie auf Branchen- und sogar Unternehmensebene herunterbrechen.
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- Auf Googles Benachrichtigungs-Dienst Google Alert können Sie ein Alarm-System entwickeln, das Ihnen Bescheid gibt, wann immer einer Ihrer Konkurrenten im Internet erwähnt wird.
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- Tracking-Tools wie Visualping erlauben es Ihnen, die Entwicklung der Webseite Ihrer Konkurrenten im Blick zu behalten. Wann immer es auf den Seiten Ihrer Wettbewerber etwas Neues gibt, erhalten Sie automatisch eine E-Mail dazu.
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- Die Geschwindigkeit der Webseiten Ihrer Konkurrenten können Sie mit Page Speed Insights messen.
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- Die Performance des Newsletters Ihrer Konkurrenz bewerten Sie mithilfe von Tools wie owletter.
Die Antworten auf all diese Fragen bilden das Fundament für die Einschätzung Ihrer Konkurrenten. Beantworten Sie daher so viele von ihnen wie möglich unter Einbezug von Kennzahlen. Das erleichtert es
Ihnen, die einzelnen Wettbewerber untereinander zu vergleichen.
Diesen Fragenkatalog müssen Sie auch für eine Bestandsaufnahme Ihres eigenen Unternehmens nutzen. Nur dann können Sie Ihre Konkurrenten auch mit sich selbst vergleichen. Hier sollten Sie die gleichen Kennzahlen verwenden wie für Ihre Wettbewerber – und ehrlich mit sich selbst ein. Schließlich bringt es wenig, wenn Sie Ihr eigenes Online-Marketing durch die rosarote Brille betrachten und andere Maßstäbe anlegen, als bei Ihren Wettbewerbern. Das verwässert Ihre Analyse.
Dokumentieren Sie Ihre Ergebnisse
Bewährt hat es sich, die Ergebnisse jedes einzelnen Wettbewerbers in einer Excel-Tabelle festzuhalten. Hier sollten Sie auch auf eine vereinfachte Form der SWOT-Analyse setzen. Dabei handelt es sich um ein Akronym, das für
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- Strenghts
(Stärken),
- Strenghts
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- Weaknesses
(Schwächen),
- Weaknesses
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- Opportunities
(Möglichkeiten)
- Opportunities
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- und Threats
(Bedrohungen) steht.
- und Threats
Diese vier Kriterien sollten Sie mit Blick auf die ermittelten Kennzahlen für jeden einzelnen Wettbewerber festlegen. Dann fällt es Ihnen leichter, die richtigen Schlüsse aus Ihrer Konkurrenzanalyse zu ziehen.
3. Schlussfolgerungen für das eigene Online-Marketing
An diesem Punkt Ihrer Konkurrenzanalyse verfügen Sie über eine ausführliche Dokumentation, in der alle relevanten Daten sowie die Stärken und Schwächen Ihrer Wettbewerber vermerkt sind. Diese Informationen nutzen Sie, um Ihr Online-Marketing mit dem Markt zu vergleichen.
In diesem Schritt sollten Sie sich vor allem auf Ihre Schwächen konzentrieren. Sie sollten untersuchen, warum ein Wettbewerber in bestimmten Bereichen besser aufgestellt ist als Sie und nach den Gründen für die Diskrepanz suchen. So erhalten Sie zahlreiche Ansatzpunkte, an die Sie im Online-Marketing anknüpfen können.
Das ist aber nicht der entscheidende Vorteil von Konkurrenzanalysen. Nach unserer Erfahrung sind es phantastische Hilfsmittel, um Nischen zu identifizieren, die kein anderes Unternehmen in einer Branche besetzt hat. Diese Nischen sind die USP für Ihr Marketing:
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- Haben Sie festgestellt, dass alle Ihre Konkurrenten fleißig bloggen, aber auf Erklär-Videos verzichten, sollten Sie vielleicht genau an dieser Stelle anknüpfen. Statt im Blog das gleiche zu schreiben wie der Wettbewerb, könnten Sie z. B. auf Videos setzen.
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- Setzt niemand auf dynamisierte Webseiten, bietet es sich an, genau das zu tun: Dynamische Webseiten einrichten, auf denen Besucher aus bestimmten Branchen nur die Informationen sehen, die für sie von Bedeutung sind.
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- Gibt es zu einem bestimmten Thema noch keinen Value Content (Whitepaper, E-Books etc.), sollten Sie diese Nische so schnell wie möglich besetzen.
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- Ähnliches gilt für bezahlte Suchmaschinenwerbung: Gibt es bei Ihren Konkurrenten niemanden, der darauf setzt, bietet es sich an, Google Ads und Co. eine Chance zu geben (oder Bannerwerbung auf Facebook, Instagram etc.).
Jenseits vom Marketing-USP: Warum Konkurrenzanalysen immer Teil Ihrer Strategieentwicklung sein sollten
Dieser Beitrag hat gezeigt, wie ressourcenintensiv eine Konkurrenzanalyse im Online-Marketing ist. Sie benötigen dafür Personal, Software-Tools und im besten Fall auch ein wenig Erfahrung. Dieser Aufwand rentiert sich allerdings – und bei der Entwicklung einer Marketing-Strategie kommen Sie darum ohnehin nicht herum.
Egal welchen Ansatz Sie sich für Ihr Marketing ausgesucht haben: Sie brauchen immer eine informatorische Grundlage, auf der Sie Ihre Strategie entwickeln. Dazu sind v. a. drei Säulen von Bedeutung:
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- Jobs-to-be-Done- sowie Buyer-Persona-Analysen liefern das notwendige Wissen über den Kaufentscheidungsprozess Ihrer Kunden.
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- Anhand einer Ist-Analyse stellen Sie fest, wie gut Ihr Online-Marketing bislang aufgestellt ist.
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- Mit Konkurrenzanalysen erfahren Sie, wo Sie im Vergleich zum Wettbewerb noch Nachholbedarf haben und welche Nischen Ihnen bei der Marktbearbeitung offen stehen (Ihr Marketing-USP).
Wenn Sie eine Marketing-Strategie entwickeln, sollten Sie diese Säulen immer als Erstes aufbauen. Erst danach ergibt es Sinn, sich für konkrete Vorgehensweisen zu entscheiden.