Immer mehr Unternehmen verwenden Buyer Personas als Grundlage für ihre Marketing-Programme und -Kampagnen. Allerdings entscheiden sich viele für die schnelle Lösung und erarbeiten sie am grünen Tisch. Mit einer professionellen Analyse hat das wenig gemein. Sind die Ergebnisse dann wenig brauchbar, suchen sie nach einer Möglichkeit, ihre Buyer Personas zu verbessern. Oder legen sie beiseite und verzichten darauf, ihre Kunden besser zu verstehen.
Das gelingt solchen Unternehmen nur, wenn sie eine professionelle Buyer-Persona-Analyse durchführen – und nicht einfach Templates ausfüllen oder Brainstormings abhalten. Warum das so ist, verdeutlicht ein Blick auf die sieben Entscheidertypen, die Brent Adamson, Matthew Dixon, Pat Spenner und Nick Toman in ihrem Buch „The Challenger Customer“ identifiziert haben.
Entscheidertypen verstehen
The Go-Getter („Der Macher“)
Der Go-Getter ist stets auf der Suche nach neuen Ideen, die dazu geeignet sind, sein Unternehmen voranzubringen. Ist er vom Mehrwert Ihres Produktes oder Ihrer Dienstleistung überzeugt, wird er es folglich innerhalb des Entscheidungsgremiums vehement verteidigen.
Innerhalb seines Unternehmens ist der Go-Getter oft am besten vertraut mit Ihrem Angebot. Bei Gesprächen mit Ihrem Vertrieb legt er seinen Fokus also weniger auf die Vorteile dieses Angebotes (die sind ihm bereits vertraut), sondern darauf, wie eine Zusammenarbeit mit Ihnen in der Praxis funktioniert.
Der Go-Getter ist der Projekt-Manager, der Pragmatiker, der neue Ideen gleich in konkrete Pläne umsetzen will. Scheitert er dabei, ist das für ihn kein Grund, die Flinte ins Korn zu schmeißen. Vielmehr sind negative Erfahrungen für ihn ein Anreiz, um sich (bzw. sein Unternehmen) durch das gewonnene Wissen nach vorne zu bringen.
The Skeptic („Der Skeptiker“)
„Lassen Sie mich bitte erklären, warum das in unserem Unternehmen nicht funktionieren wird.“
Kommt Ihnen dieser Satz bekannt vor? Das würde uns nicht wundern. Denn es ist eine typische Aussage von Skeptikern – und die begegnen einem im Vertrieb besonders häufig.
Der Skeptiker ist in vielerlei Hinsicht das Gegenteil des Go-Getters. Er ist vorsichtig, risikoscheu und zweifelt daran, dass Ihr Angebot für sein Unternehmen tatsächlich den versprochenen Mehrwert erzeugt. Nicht, weil er Sie für den falschen Partner hält oder mit Ihrem Angebot nichts anfangen kann. Sondern weil er große Projekte und hohe Investitionen per se lieber vermeidet.
Im Gegensatz zum Go-Getter ist der Skeptiker weniger daran interessiert, wie eine Zusammenarbeit mit Ihnen funktioniert. Stattdessen will er in erster Linie verstehen, welche Vorteile Ihr Angebot für sein Unternehmen hat. Er wird sie also vermutlich mit Negativbeispielen konfrontieren, die sein Unternehmen mit ähnlichen Projekten gesammelt hat, oder mit Erfahrungsberichten, in denen andere Anwender schlechte Erfahrungen vermitteln. Oder er wird Ihr Angebot bis ins kleinste Detail auseinander nehmen, immer auf der Suche nach Schwachstellen, die seine Skepsis untermauern.
Um den Skeptiker auf Ihre Seite zu bringen, ist besonders viel Überzeugungsarbeit nötig. Ihn oder sie sollten Unternehmen bei der Erstellung von Content oder der Vorbereitung von Verkaufsgesprächen immer im Hinterkopf behalten – wohlwissend, dass Sie Ihren Auftrag erst dann in der Tasche haben, wenn auch die letzten Zweifel innerhalb des Entscheidungsgremiums ausgeräumt sind.
The Friend („Der Freund“)
Dem Freund haben die Autoren von „The Challenger Customer“ seinen Namen nicht umsonst gegeben. Er ist der Traum eines jeden Verkäufers: Er lässt sich schnell für neue Ideen begeistern, ist ständig darauf bedacht, sein berufliches Netzwerk auszubauen, und verhält sich Verkäufern gegenüber aufgeschlossen und freundlich.
Der Freund dient häufig als Türöffner in ein Unternehmen und macht Verkäufer mit anderen Stakeholdern seiner Organisation bekannt. Er ist von allen hier aufgeführten Typen am leichtesten zu überzeugen. Freunde finden für Ihre Verkäufer immer einen Platz im Terminkalender, um über Ihr Angebot zu diskutieren. Sie beantworten Ihre E-Mails schnell und freundlich und stehen Ihnen für Fragen, wann es immer es möglich ist, zur Verfügung.
The Teacher („Der Lehrer“)
Der Lehrer zeichnen exzellente fachliche Expertise und die Bereitschaft aus, sein Wissen an seine Kollegen weiterzugeben. Er zählt innerhalb des Entscheidungsgremiums zu den Wortführern, da seine fachliche Expertise geschätzt wird und er gemeinhin über ein hohes Maß an Überzeugungskraft verfügt – nicht zuletzt aufgrund seiner hervorragenden kommunikativen Fähigkeiten.
Ist der Lehrer von Ihrem Angebot überzeugt, wird er dessen Vorteile mit hoher Wahrscheinlichkeit auch seinen Kollegen vermitteln, die Ihnen noch skeptisch gegenüber stehen. Im Vergleich zum Go-Getter ist er jedoch schwerer zu überzeugen – denn nicht alles, was neu ist, hält er automatisch für geeignet, um sein Unternehmen nach vorne zu bringen.
The Guide
In „The Challenger Customer“ zeichnen die Autoren kein sonderlich positives Bild des Guides: So wird er als Mensch beschrieben, der mehr Informationen teilt, als er eigentlich sollte – als Mensch, der sich damit wichtiger machen möchte, als er eigentlich ist.
Der Guide ist also ein Mitglied des Entscheidungsgremiums, das außerordentlich freigiebig mit internen Informationen umgeht. Vielleicht haben Sie das im Sales auch schon erlebt: Einen Ansprechpartner, der Ihnen mehr über das Innenleben des Kundenunternehmens verrät, als eigentlich nötig ist. Mit diesen Informationen sollten Sie vorsichtig umgehen – denn nicht immer sind Kunden erfreut, wenn sie mit Internas konfrontiert werden, die Sie als Verkäufer eigentlich gar nicht kennen sollten.
The Climber („Der Kletterer“)
Auch der Climber kommt in „The Challenger Customer“ nicht sonderlich gut weg. Er wird als Person beschrieben, die sehr stark auf den eigenen Vorteil bedacht ist. Deswegen zeigt er besonders an solchen Projekten Interesse, von denen er aufgrund seiner Position sehr stark betroffen ist und die ihm evtl. sogar ermöglichen, die eigene Stellung zu verbessern. Sein Ziel ist es, den eigenen Einfluss zu vergrößern.
Der Climber wird Ihr Angebot also vor allem dann befürworten, wenn er selbst die Chance sieht, durch das Projekt persönlich voranzukommen. Typisch für seinen opportunistischen Charakter ist außerdem, dass er sich gerne mit vergangenen Projekterfolgen schmückt. Seinen Kollegen ist dies aber meistens sehr wohl bewusst – deswegen reicht sein Einfluss auch weniger weit, als dies bei anderen typischen Gremienmitgliedern der Fall ist.
The Blocker („Der Blockierer“)
Der siebte und letzte Stakeholder-Typ ist der Blockierer. Charakteristisch für ihn ist, dass er Veränderungen gerne vermeidet und den Status Quo in seinem Unternehmen beibehalten möchte. Zum Beispiel, weil diese Veränderung seine Position innerhalb der Organisation verändern oder gar gefährden könnte. Oder weil diese Veränderung einen Prozess betrifft, an dessen Ausgestaltung er aktiv beteiligt war.
Welche Gründe der Blockierer für seine Haltung hat, ist letztlich irrelevant. Wichtig ist, dass er Ihrem Angebot typischerweise sehr kritisch gegenüber steht und ganz sicher kein Fürsprecher Ihrer Dienste ist. Deswegen macht es auch wenig Sinn, sich im Rahmen des Sales-Prozesses auf diesen schwierigen Archetypen zu fokussieren. Bauen Sie lieber darauf, dass er sich von seinen Kollegen überzeugen oder überstimmen lässt.
Was erfolgreiche Verkäufer von ihren Kollegen unterscheidet
Spannenderweise fokussieren sich besonders erfolgreiche Verkäufer laut „The Challenger Customer“ auf andere dieser Archetypen als weniger erfolgreiche Verkäufer. Top-Performer legen weniger Wert darauf, entscheidungsbefugte Senior-Mitarbeiter und Budget-Entscheider für sich zu gewinnen. Sie konzentrieren sich während des Pitches auf Personen, die Veränderungen in ihrem Unternehmen vorantreiben. Und die dazu in der Lage sind, einen Konsens innerhalb des Entscheidungsgremiums zu schaffen.
Erfolgreiche Verkäufer konzentrieren sich daher auf drei verschiedene Typen innerhalb eines Entscheidungsgremiums (Buying Center):
- Der Go-Getter ist immer auf der Suche nach Ideen, die das eigene Unternehmen voranbringen. Diese Ideen unterstützt er innerhalb des Gremiums leidenschaftlich.
- Der Lehrer ist sehr gut darin, gute Ideen innerhalb des Gremiums so zu vermitteln, dass auch andere davon überzeugt sind. Aufgrund seines großen Fachwissens ist er dafür prädestiniert.
- Der Skeptiker steht mit seiner Haltung oft im Gegensatz zu den anderen Gremium-Mitgliedern – haben Sie ihn überzeugt, werden auch andere vom Potential Ihrer Leistung überzeugt sein.
Diese drei Typen gelten als „Mobilizer“ innerhalb des Entscheidungsgremiums. Als Personen, die aufgrund ihrer spezifischen Haltung besonders gut geeignet sind, um einen Konsens innerhalb des Gremiums zu schaffen und andere von den Vorteilen Ihres Angebots zu überzeugen.
Theorie ist nicht gleich Praxis
Natürlich handelt es sich hierbei um ein theoretisches Modell. In der Praxis weisen die meisten Entscheidungsbeteiligten mehrere der hier aufgeführten Eigenschaften auf. Trotzdem vermuten wir, dass Ihnen der eine oder andere Entscheider-Typ in der Praxis bereits so einige Male über den Weg gelaufen ist. Daher ist es hilfreich, jeden von ihnen in dieses theoretische Modell einzubauen – anhand der Eigenschaft, die bei ihm oder ihr am stärksten ausgeprägt ist.
Archetypische Beschreibungen von Mitgliedern eines Entscheidungsgremiums im B2B finden sich nicht nur in „The Challenger Customer“. Ein ähnliches Modell haben beispielsweise Mike Schultz und John E. Doerr in ihrem Bestseller „Insight Selling“ präsentiert. Die beiden Autoren sprechen darin lediglich von sechs Entscheidertypen und setzen z. T. andere Schwerpunkte als „The Challenger Customer“. Von der Grundausrichtung her weisen beide Modelle jedoch zahlreiche Überschneidungen auf.
Warum Buyer Personas für den Sales oft keine Hilfe sind
Bislang haben wir in diesem Beitrag die sieben typischen Mitglieder eines Entscheidungsgremiums im B2B-Umfeld betrachtet. Zugleich haben wir gesehen, auf welche dieser Typen sich erfolgreiche Verkäufer bei ihrem Pitch am meisten konzentrieren. Diese Informationen sind hilfreich – doch Sie fragen sich bestimmt, was das mit dem Titel dieses Blogbeitrags zu tun hat.
Die Antwort: Eine ganze Menge!
Über Buyer Personas sind zahlreiche Mythen und Irrtümer im Umlauf. Besonders beliebt ist die Ansicht, es handle sich dabei um fiktive Personenprofile, die sich mithilfe eines Templates innerhalb von ein oder zwei Team-Meetings erstellen ließen. Googeln Sie einfach mal nach Buyer-Persona-Templates – die Suchmaschine wird für Sie Dutzende Vorlagen ausspucken, die Sie bloß noch ausfüllen müssen. Fertig ist die Buyer Persona!
So einfach funktioniert das aber leider nicht. Die Ergebnisse, die solche Schnellschüsse produzieren, sind für Marketing und Vertrieb grundsätzlich wenig hilfreich. Denn die entscheidenden Informationen, die eine Buyer Persona im Idealfall liefert – ihre Legitimationsgrundlage – lassen sich mithilfe von internen Brain Stormings und Templates nicht generieren.
Kaufentscheidungsprozesse verstehen
Der wahre Wert einer Buyer Persona besteht nicht darin, besser zu verstehen, welcher Altersgruppe ein Entscheidertyp in der Regel angehört, was für ein Auto er fährt oder ob er lieber Hunde oder Katzen mag. Ihr Wert besteht darin, dass sie fundierte Informationen über den Kaufentscheidungsprozess von Kunden liefert. Diese Kenntnisse stammen nicht aus internen Quellen, sondern aus Interviews mit Kunden. Sie liefern Informationen zu den 5 Rings of Buying Insights:
Die fünf Dimensionen, die die US-amerikanische Marketing-Beraterin Adele Revella entwickelt hat, liefern tiefe Einblicke in die Buyer’s Story auf Kundenseite. Beginnend beim Investitionsauslöser, betrachten wir im Rahmen der Buyer-Persona-Analyse sämtliche Stufen des Kaufentscheidungsprozesses. Die Ergebnisse dieser Analyse helfen uns dann dabei, Marketing-Programme, -Botschaften und -kanäle auf die Bedürfnisse der Buyer Persona auszurichten.
Um zu verdeutlichen, weshalb echte Buyer Personas so wertvoll sind, kehren wir noch einmal zurück zu den Entscheidertypen:
Mithilfe einer Buyer Persona bekommen Sie einen plastischen Eindruck davon, worauf die in „The Challenger Customer“ vorgestellten Archetypen bei ihrem Kaufentscheidungsprozess in diesem konkreten Fall Wert legen. Zum Beispiel, welche Vorteile Ihres Angebots aus Sicht des Lehrers so attraktiv sind, dass er seine Kollegen davon überzeugen wird. Aber auch, welche Gründe aus Sicht des Skeptikers dagegen sprechen, das Produkt oder die Dienstleistung Ihres Unternehmens zu kaufen.
Und nochmal: Reinformen dieser Typen treffen Sie kaum an. Sie als Buyer-Persona-Profile anzulegen führt also eher noch dazu, dass Sie enttäuscht oder verwirrt sind, wenn die Personen, die Ihnen am Ende gegenüber sitzen, nicht so ticken wie Ihre Profile.
Warum viele Personas unbrauchbar sind
Einen Punkt möchte ich aber noch zusätzlich aufzeigen, da ich immer wieder bei potentiellen Kunden auf diese Buyer-Persona-Profile stoße. Wären diese Profile brauchbar, müssten sie ja die Mobilizer im Unternehmen anhand dieser Beschreibungen identifizieren können. Das ist meines Erachtens fast nie der Fall. Sie brauchen jemanden im Vertrieb als Ansprechpartner, der in der Lage und willens ist, eine Entscheidung durch das Unternehmen und das Entscheidungsgremium zu boxen.
Die Buyer-Persona-Profile hingegen will niemand als Ansprechpartner haben, da diese häufig von negativen Erfahrungen der eigenen Vertriebsmitarbeiter geprägt sind. Sehr gute Verkäufer lassen sich davon nicht irritieren und finden ihre Mobilizer. Aber als Aussage eines Unternehmens über seine Idealkunden spiegeln die Personas häufig eher ein trauriges Bild wieder.
Eine Buyer Persona zu verbessern, ist keine leichte Aufgabe. Wenn Sie uns Ihre Buyer Personas zuschicken, wirft unser Team gerne einen analytischen Blick auf Ihre Ergebnisse. Was dabei herauskommt und wie wir die Buyer Persona verbessern können, besprechen wir dann gemeinsam. Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail an therrmann@chainrelations.de!