Account-based Marketing ist mehr als nur das neueste Buzzword. Die Konzentration in Marketing und Sales auf bestimmte, bevorzugte Target-Accounts ist längst und war schon immer Realität in den meisten Unternehmen – nur jetzt lassen sich die Interaktionen mit potenziellen Kunden auch automatisieren. Dadurch steigen Effektivität und Effizienz.
ABM eignet sich vor allem für zwei Arten von Anwenderunternehmen:
- Anbieter mit wenigen, sehr großen Kunden – zum Beispiel ein Automobilzulieferer (Tier 1), der alle großen OEMs beliefert. Er erfährt darüber, wie sich diese zentralen Kunden verhalten und was sie wann bewegt. Auf dieser Basis kann der Anbieter digital optimal auf die Nachfrage dieser Bestandskunden reagieren und deren Entscheidungsprozesse beeinflussen.
- Anbieter mit einer größeren Anzahl an Target-Accounts in einem bestimmten Segment, z. B. eine Unternehmensberatung, die mehrere ähnliche Leistungen für Firmen in einer Branche (z. B. Finanzindustrie) oder in einem Anwendungsfeld (z. B. Logistik) anbietet. Hier geht es um ein Upselling von ähnlichen Leistungen sowie um die vollständige Durchdringung dieser Zielkunden.
Für diese beiden Anwendergruppen ergeben sich fünf klare Vorteile aus dem ABM-Ansatz.
1. Eine klare Fokussierung für Marketing und Vertrieb
B2B-Marketing, ob nun digital oder offline, richtet sich im Allgemeinen immer an alle möglichen Zielkunden. Das gilt auch dann, wenn man seine Maßnahme an einzelne Segmente ausrichtet, z. B. alle Unternehmen über 200 Mitarbeiter in Ostwestfalen. Oder alle Newsletter-Abonnenten, die in den vergangenen 4 Wochen auf der Website waren.
Dahinter steht immer eine Liste an Unternehmen, die über irgendwelche Kriterien segmentiert, d. h. gefiltert werden. Manchmal sind diese Kriterien sinnvoll, manchmal aber auch nur der hilflose Versuch irgendwie Ordnung in die große Datenbank zu bekommen. Segmentierung ist die hohe Kunst im B2B-Marketing und damit auch die strategische Vorarbeit in Inbound Marketing oder Account-Based Marketing.
Account-based Marketing segmentiert bis auf ausgewählte Accounts, also einzelne Unternehmen. Seien es nun Bestandskunden, die weiterentwickelt werden sollen, oder Accounts, die erst noch gewonnen werden wollen. Das Targeting geht also bis auf die 1:1-Ebene. Eine Account-based-Marketing-Strategie bestimmt, wie diese einzelnen Unternehmen erreicht und bearbeitet werden sollen.
Das hat direkte Auswirkungen auf die Effektivität des Ansatzes. Die Strategie fokussiert sich auf ausgewählte Account, für die man sich hohe Chancen ausrechnet. Und jeder dieser potentiellen Kunden bringt einen deutlichen Return für das Unternehmen. Alle halb-passenden Unternehmen fallen in einer Account-based-Marketing-Strategie durchs Raster.
ABM ist eine Strategie aus dem Bereich der Demand Generation (Nachfragegenerierung). Wenn Sie darüber mehr lesen möchten, empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag „Demand Generation im B2B Marketing„. Darin erklären wir die wichtigsten Grundprinzipien, Methoden und Strategien.
2. Gemeinsame Anstrengung von Marketing und Vertrieb
Die größte Herausforderung im digitalen Vertriebsmarketing ist die Abstimmung zwischen den beiden Abteilungen Marketing und Vertrieb (Marketing und Sales Alignment). Dahinter steht die Problematik, dass das Marketing meist das eine tut – die Anzahl an Leads maximieren – und der Vertrieb nur abschlussreife Opportunities will. Beide Seiten machen es sich dann mit ihren Vorwürfen an die andere Partei zu einfach. Aber letztlich geht es um die Qualität und da unterscheiden sich die Erwartungen.
Im Account-based Marketing müssen sich beide Seiten zusammensetzen und bestimmen, was ein Target-Account ist, welche Unternehmen ganz konkret angegangen werden sollen. Es ist eine gemeinsame Strategie von beiden Abteilungen. Dies ist – am Rande bemerkt – auch einer der Kritikpunkte an der Bezeichnung ABM. Denn es geht genauso um Marketing wie um Sales. Daher sprechen viele auch parallel von Account-based Selling oder gar wie der ABM-Anbieter Engagio von Account-based Everything.
Konkret bedeutet die gemeinsame Festlegung auf Target-Accounts, dass hinter dieser Auswahl keine virtuellen Maßstäbe wie Lead-Scores stehen. Denn dahinter steht nur eine Summenbildung über das digital messbare Verhalten von Leads – ob sie nun mit den zentralen Downloads oder vielen Website-Besuchen zustande kommen, ist dabei erstmal zweitrangig. Wenn also das Marketing einen definierten Zielkunden weiter entwickelt und sich daraus eine Opportunity für den Vertrieb erwächst, dann gibt es keine Diskussion mehr: Wer auf der Liste steht ist ein potentieller Kunde, der wird angegangen.
Damit ist auch klar, warum Marketing und Sales so eng zusammen arbeiten müssen. Marketing ist immer dann an der Reihe, wenn es um Wiederverwendung und Automatisierung geht. Sales wenn es um die direkte Ansprache geht. Beides muss Hand in Hand gehen.
3. Besseres Erlebnis für den Kunden
Drehen wir die Perspektive einmal um: Wie fühlt sich Account-based Marketing aus der Sicht des potentiellen Kunden an? Wie ist die Customer Experience?
Ziel des Account-basierten Ansatzes ist es, dass der der potentielle Kunde bei jeder Interaktion weiter entwickelt wird. Der 1:1-Bezug kann daher so weit gehen, dass für jeden einzelnen Account festgelegt wird, wie die Website, die Anzeigenschaltung, der konkrete Download und jede E-Mail sich für einen Account-Mitarbeiter verhält. Die Website zeigt auf einer Unterseite die Informationen, die für dieses Unternehmen relevant sind, das Download-Dokument erhält spezielle Kunden- oder Branchenbeispiele und die E-Mail berücksichtigt aktuelle News. Wenn es sich lohnt, kann man natürlich so weit gehen.
Der Empfänger auf Account-Seite wird das wahrnehmen – bewusst oder unbewusst. Denn die Botschaften sind für ihn tatsächlich relevant. Sie wurden nicht nach einer großen Liste ausgesteuert oder einem anderen groben Automatismus, sondern nur für ihn als Mitarbeiter dieses Accounts (oder einer kleinen Ziel-Account-Liste). Wenn alles gut gemacht ist, wird das Erlebnis für den Account-Mitarbeiter also deutlich besser ausfallen. Er erhält die Botschaften und Informationen, die er tatsächlich gebrauchen kann.
4. Effektivität und Effizienz
Die Konzentration von Zeit, Geld und Aufmerksamkeit auf ausgewählte Accounts führt zu einer höheren Effektivität – die Botschaften kommen bei geringeren Budgets genau bei denen an, bei denen sie den maximalen Effekt haben (z. B. via Social Selling). Wenn ich mich auf die richtigen Kontakte, auf die richtigen Accounts konzentriere, verschwende ich nicht die Ressourcen für die große Masse unpassender Kunden.
Aus dieser höheren Effektivität resultiert logischerweise höhere Effizienz. Ich weiß, man kann das auch alles falsch machen und noch mehr Geld verbrennen – aber davon wollen wir doch mal nicht ausgehen.
Dieser Fakt macht Account-based Marketing auch für kleinere Unternehmen interessant. Keine Frage, die höhere Individualisierung im ABM kostet Geld und man muss allein schon wegen der Softwarekosten eine gewisse Schwelle überspringen.
Zugleich sollten Sie sich nicht zu sehr von Aussagen US-amerikanischer Anbieter blenden lassen. Dort werden Techniken eingesetzt, bei denen ich erstmal eine rechtliche Prüfung sehen will.
Mehr über Accounts zu wissen, kann auch helfen, das Abschlussvolumen bei diesen Kunden zu erhöhen. Zum einen weil man Chancen auf Mehrverkäufe sieht, die sonst unberücksichtigt blieben. Zum anderen werden Erfahrungen mit ähnlichen Accounts besser vergleichbar und daher übertragbar. Zugleich kann sich mehr Wissen auch auf die Länge des Sales-Cyles auswirken. Schließlich kann man einen potentiellen Kunden früher ansprechen und eventuell schneller zum Ziel führen – eventuell sogar bevor der Wettbewerb irgendwas vom Kundeninteresse mitbekommen hat.
5. Account-based Marketing denkt Outbound mit
Eigentlich ist ABM nichts wirklich Neues für B2B-Unternehmen. Vermutlich machen es die meisten schon – nur eben eher Outbound als Inbound. Aber in den vergangenen Jahren hat sich die gesamte B2B-Welt auf Inbound Marketing gestürzt (mit mittelmäßigem Erfolg, wenn ich mir so manche Anwenderunternehmen anschaue, die mit anderen Agenturen oder ohne gestartet haben). Outbound war vollkommen out. Das ist ein Fehler.
Am Ende zählt doch, auf welchem Kanal ich einen potentiellen Kunden erreiche. Warum also nicht über einen Brief? Oder einen frühen Anruf? Oder auch auf einer Messe mit gezielter Nachbereitung. Wichtig ist am Ende aber, dass alle Informationen und Interaktionen zusammenfließen und eine klare Historie zeigen.
Wann also starten Sie mit Account-based Marketing?