Account-based Marketing (ABM) ist eine Form des Beziehungsmanagements. B2B-Anbieter wollen damit Vertrauen und Loyalität bei ausgewählten Zielkunden aufbauen. Eine Schlüsselrolle spielen hierbei die sozialen Medien, insbesondere die Karrierenetzwerke. – Stichwort Social Selling.
Wie hängen ABM & Social Selling zusammen?
Social Selling ist eine Strategie, bei der Marketing und Vertrieb die sozialen Medien nutzen, um Kundenkontakte aufzubauen und zu pflegen. Dies soll dazu beitragen, Verkaufsziele bei Neu- und Bestandskunden effektiver zu erreichen.
In vielen Unternehmen hat sich Social Selling als Alternative zur klassischen Kaltakquise durchgesetzt:
- Einerseits, weil es für den Sales angenehmer umzusetzen ist als beispielsweise Cold Calls.
- Andererseits, weil es den Präferenzen der Zielgruppe entgegen kommt und weniger aufdringlich wirkt als andere Kommunikationswege.
Im B2B-Kontext ist Social Selling eine der interessantesten Varianten von Social Media Marketing. Sie zielt nicht darauf ab, die sozialen Medien als Kanal für Werbebotschaften zu verwenden. Vielmehr wollen Unternehmen damit Beziehungen zu Personen aufbauen, die in Key Accounts an der Entscheidungsfindung für ein Produkt oder eine Dienstleistung beteiligt sind. Hier geht es nicht um Streueffekte und kurzfristige Erfolge, sondern um gezielte Marktbearbeitung und langfristiges Engagement.
Diese Eigenschaften prädestinieren Social Selling für Demand Generation, vor allem für das Account-based Marketing. Diese relativ junge Marketing-Disziplin fokussiert sich auf Unternehmen (Accounts), die aufgrund von Kriterien wie Bedarf, Größe, Branche oder Job-to-be-Done am besten zum Angebot eines Anbieters passen. Dieses Umsatzpotenzial will ABM durch gezielte Marketing- und Sales-Maßnahmen schöpfen.
Welche Vorteile hat Social Selling?
Richtig eingesetzt, hat Social Selling im Rahmen einer Strategie für Account-based Marketing fünf entscheidende Vorteile:
1. Sie finden die richtigen Personen
Im Business-Kontext hat heute fast jede/r ein Profil auf LinkedIn oder Xing, inklusive Angabe von Arbeitgeber und Position. Das ermöglicht es, Entscheider:innen aus Key Accounts zu identifizieren und anzusprechen.
2. Sie erreichen Personen effektiver
Entscheider:innen werden von E-Mails und Anrufen regelrecht bombardiert. Dementsprechend sind die Botschaften eines Anbieters über diese Kanäle immer weniger effektiv. Die sozialen Medien bieten neue, dezentere Wege, um potenzielle Kunden zu erreichen.
3. Social Selling ist unaufdringlich
Zu viel direkte Kommunikation kann ermüdend sein. Vor allem, wenn der Entscheidungsprozess gerade erst begonnen hat. Effektiver ist in dieser Phase, mit Zielpersonen kontinuierlich, aber unaufdringlich zu kommunizieren.
4. Social Selling stärkt Vertrauen
Eine gute Beziehung zum Kunden entsteht nicht im Internet. Allerdings hilft geschickte Kommunikation in den sozialen Medien, Vertrauen und Loyalität zu stärken.
5. Sie erreichen ganze Gremien
Entscheidungen für B2B-Angebote fallen in der Regel im Plenum. Via Social Media können Sie diese Personen kollektiv bearbeiten, z. B. mit Ads, die nur ausgewählten Empfänger:innen gezeigt werden.
Im besten Fall ist Social Selling im Account based Marketing ein Win-Win-Geschäft. Anbieter erhalten die Chance, ihre Botschaften bei lukrativen Accounts zu platzieren und mit deren Entscheider:innen zu interagieren. Kunden wiederum erhalten Unterstützung bei der Vorbereitung ihrer Kaufentscheidung.
Wie setzen Sie Social Selling im Account based Marketing ein?
Social Selling zählt zu den aufwändigen Disziplinen im Account-based Marketing. Damit sie funktioniert, müssen B2B-Anbieter strukturiert vorgehen. Wie das funktioniert, wird am Beispiel von LinkedIn deutlich. Dort haben sich die folgenden Schritte bewährt:
Schritt 1: Eigene Profile schärfen
Zuerst müssen Sie klären, wer im Rahmen Ihres ABM-Programms am Social Selling beteiligt ist. In den meisten Fällen sind Vertriebs-Teams für die individuelle Kommunikation mit dem Account verantwortlich, während das Marketing sich stärker um die Erarbeitung und Umsetzung einer Content-Strategie für Social Media kümmert.
Unabhängig davon, wie Sie Aufgaben verteilen, müssen die Basics stimmen. Dazu zählt Ihr Unternehmensprofil. Accounts, die mit Ihrer Firma und deren Angebot noch wenig Kontakt hatten, müssen anhand des Profils einen positiven Eindruck von Ihnen gewinnen.
Ein gutes Unternehmensprofil auf LinkedIn enthält folgende Elemente:
- Eine Unternehmensbeschreibung, die sich auf die Schmerzpunkte und Ziele der Kunden konzentriert und die erläutert, wie Sie als Anbieter in dieser Situation helfen können.
- Eine Kurzbeschreibung Ihrer Stärken und Ihrer Marke.
- Call-to-Action-Button
- Kontaktinformationen
Zur Vorbereitung gehört ggf. auch, die Profile der beteiligten Team-Mitglieder zu schärfen. Wesentlich sind hier professionell wirkende Fotos, Kontaktdaten sowie aufschlussreiche Informationen über Erfahrungen, Kompetenzen und Zuständigkeiten.
Schritt 2: Zielpersonen im Account identifizieren
Sobald Sie die Key Accounts für Ihr ABM ausgewählt haben, müssen Sie definieren, welche Personen Sie aus welchen Bereichen des Accounts ansprechen und „bearbeiten“ wollen. Dafür bietet sich der Sales Navigator von LinkedIn an.
Der Sales Navigator ist ein kostenpflichtiges Tool, mit dem Sie das Netzwerk nach Personen durchsuchen können. Hierfür stellt LinkedIn 20 Suchfilter zur Verfügung, darunter Karriereweg, Position, Branchenerfahrung oder Interessen. Anhand dessen können Sie die Lücken, die in Ihrem CRM Stand jetzt noch bestehen, füllen.
Interessante Kontakte, die Sie gewonnen haben, können Sie im Sales Navigator als Leads kennzeichnen, mit Notizen versehen und sämtliche Daten exportieren. Die Daten nutzt das Tool u. a. dafür, weitere passende Kontakte vorzuschlagen.
Der Schritt „Kontakte identifizieren“ ist allgemein ein entscheidender Schritt für Account-based-Marketing-Programme. Nach der Definition der fokussierten Unternehmen ist dies stets der logische Folgeschritt. Mit Social-Selling unterstützen Sie also auch den größeren Rahmen und sorgen dort für mehr Effizienz und Effektivität.
Schritt 3: Informationen sammeln
Die Basis für erfolgreiche Netzwerkpflege schaffen Sie im ABM, indem Sie möglichst viele Informationen über die Zielpersonen in Ihren Key Accounts sammeln. Im B2B handelt es sich pro Account meistens um ein halbes Dutzend oder mehr Personen, die an der Entscheidung beteiligt sind (Buying Center). Hinzu kommt deren Umfeld aus Kolleg*innen und Bekannten, welche die Buyer’s Journey vorbereiten oder beeinflussen.
Ihr erster Anlaufpunkt sind die Profile dieser Personen:
- Welche Interessen hat der Kontakt?
- Worüber informiert er sich?
- Welchen Content teilt er selbst (und in welchem Format)?
- Wem folgt er?
- Worüber sprechen seine Kund:innen?
- In welchen Gruppen ist er vertreten?
Einen Blick sollten Sie auch auf die Jobbezeichnung, den Karriereweg sowie die Kenntnisse und Follower der Zielpersonen werfen. Dadurch erfahren Sie mehr über die Stärken und Eigenschaften der Kontakte. Handelt es sich um Personen, die bereits mit jemandem aus Ihrem Unternehmen vernetzt sind, sollten sie den Kontakt zu den entsprechenden Kolleg:innen suchen.
Mehr über die Mitarbeitenden in Ihren Key Accounts erfahren Sie auch in anderen Social Media Plattformen, z. B. Facebook. Auch eine Google-Recherche kann sich unter Umständen lohnen.
Je mehr Sie über den Account und dessen Situation wissen, desto effektiver ist Ihr Social Selling. Wir als Agentur setzen daher auch im ABM auf Kundenbefragungen (Interviews, Umfragen), die Insights über die Accounts ans Licht bringen – beispielsweise mithilfe von Jobs-to-be-Done. Das erleichtert es, in den sozialen Medien auf die Präferenzen einer Zielgruppe (Kanäle, Content-Formate und -Inhalte etc.) einzugehen.
Schritt 4: Netzwerk aufbauen/pflegen
Informationen über interessante Kontakte in einem Account erleichtern es, Content auf deren Anforderungen zuzuschneiden. Bei LinkedIn können Sie Ihre Inhalte zum einen als normale Posts veröffentlichen. Zum anderen können Sie Beiträge im Blogformat auf LinkedIn Pulse veröffentlichen. Das ist aufwendiger und unpersönlicher, trägt aber positiv zum Profil Ihres Unternehmens bei.
Was genau Sie posten, hängt von Ihrem Angebot und Ihrer Zielgruppe ab. Im Idealfall befassen die Inhalte sich mit Herausforderungen, Pain Points und Chancen des Kunden, also um alle relevanten Informationen rund um die Customer Journey. Empfehlenswert ist dazu, mit jedem Post ein inhaltliches Ziel zu verfolgen. Social-Media-Content kann beispielsweise:
- aufklären („So lösen Sie dieses typische Problem“),
- Augen öffnen („Das ist der wahre Grund für Probleme in Bereich x“),
- herausfordern („Wenn Sie das ignorieren, geraten Sie in Schwierigkeiten“) oder einfach nur
- unterhalten.
Lustige Videos, die eher zur Auflockerung oder Imagepflege dienen, haben zwar durchaus ihre Berechtigung. Bei der Bearbeitung von Key Accounts geht es aber eher darum, relevante Informationen an den Kontakt weiterzugeben. Ziel ist, Kunden zu helfen, mithilfe eines Produktes oder einer Dienstleistung voranzukommen und bereits bei der Entscheidungsvorbereitung eine positive Customer Experience zu erleben.
Mit Kontakten interagieren
Social Selling bedingt, dass Kontakte in Key Accounts bereitwillig mit Ihrem Team kommunizieren. In englischsprachigen Publikationen ist in diesem Kontext von „Engagement“ die Rede. Es zu initiieren, zählt zu den schwierigsten Aufgaben im Account-based Marketing.
Unbekannten ohne Anlass Nachrichten zu schreiben, widerspricht den Grundgedanken des Social Sellings. Stattdessen müssen Sie versuchen, die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden in einem Account zu gewinnen. Dies gelingt Ihnen mit Content, der auf deren Herausforderungen und Ziele eingeht. Der Hinweis auf eine Case Study, in der Sie ein typisches Branchenproblem lösen, oder ein Video, das neue Ansichten zu einem Thema liefert, können erste Trigger für Kontakte sein.
Ihr Content sollte stets dazu anregen, damit zu interagieren. Das gelingt Ihnen zum Beispiel, wenn Sie zum Abschluss eines Posts Fragen formulieren, Call-to-Actions integrieren (z. B. „Folgen Sie uns“) oder weiterführende Angebote ansprechen. Das kann ein Whitepaper sein, dass Sie im Post erwähnen und persönlich an alle schicken, die in den Kommentaren darum bitten. Denkbar ist auch, den Link zu einer Case Study zu schalten und im Kommentarbereich Teammitglieder des Bestandskunden anzusprechen.
Sobald interessante Kontakte aktiv auf Ihre Inhalte reagieren, sollten Sie schnell, freundlich, unverbindlich und kompetent antworten. Gerade bei noch unbekannten Personen sollten Sie, wenn möglich, einen Dialog eröffnen (z. B. mit sinnvollen Rückfragen) und hier durch ehrliches Interesse sowie Kompetenz zu punkten. Erhalten Sie von so jemandem ein “Like” oder eine Empfehlung, lohnt es sich außerdem, sich persönlich für die Aufmerksamkeit zu bedanken.
Darüber hinaus sollte Ihr Team sich in Gruppen beteiligen, in denen Mitarbeitende eines Accounts vertreten sind. Antworten auf fachliche Fragen oder anregende Diskussionsbeiträge helfen, erste Bande zu neuen Personen zu knüpfen und bei bestehenden Kontakten zu punkten. Auch hier können Sie Ihre Marke als mögliche Lösung für ein Kundenproblem positionieren.
Wann jemand für eine Kontaktanfrage bereit ist, hängt von Ihrem Bauchgefühl ab. Ratsam ist, Anfragen schriftlich zu formulieren und darin persönlich auf die Person einzugehen. Schildern Sie kurz, wer Sie sind und wieso Sie einen fachlichen Austausch mit dem Kontakt wünschen. So kann dieser Ihre Anfrage besser einschätzen.
Social Selling bedeutet, die Augen offen zu halten. Die Kontakte, die für Ihr ABM relevant sind, sollte Ihr Team kontinuierlich beobachten. So behalten Sie stets den Überblick über Veränderungen (z. B. eine Beförderung oder ein Jobwechsel), Neuigkeiten (z. B. neue Angebote oder Trends) sowie die Aktivitäten der Kontakte. Von letzterem hängt nicht zuletzt davon ab, wie aktiv Sie selbst auf LinkedIn sind. Je nach ABM-Programm sind zwei bis drei Posts in der Woche sowie tägliches Monitoring angebracht.
Schritt 5: Kontakte mit Werbung bespielen
Account-based Marketing ist eine Strategie aus dem Bereich der Demand Generation. Dieser Ansatz will Nachfrage auf Kundenseite durch gezielte Marketing- und Vertriebsmaßnahmen erzeugen. Teil dessen ist auch, Accounts „im Hintergrund“ mit passenden Anzeigen zu bespielen. Im ABM sprechen wir hier von Account based Advertising (ABA).
ABA gibt es grundsätzlich in vier Varianten:
- Bannerwerbung (Ads) auf Basis von IP-Targeting: Ads, die ausschließlich Mitarbeitende in vorab definierten Key Accounts zu sehen bekommen. Sobald sich jemand aus dieser Target Organization über sein Unternehmensnetz bei LinkedIn (oder auch Suchmaschinen wie Google) einwählt, erscheinen der Person individualisierte Anzeigen.
- Retargeting Ads auf Basis von IP-Targeting: Ads, die nur bei Mitarbeitenden erscheinen, deren IP-Bereich zu einem Ziel-Account zählt, bei denen jemand bereits mit Ihrer Website interagiert hat. Solche Anzeigen sind zielgerichteter, da Sie annehmen können, dass Ihr Angebot in den Accounts bereits recherchiert und diskutiert wird.
- Reverse ABM: Eng damit verwandt ist das Reverse ABM. Im Gegensatz zum Retargeting geschieht die „Verfolgung“ durch Anzeigen nicht automatisch. Stattdessen beobachtet Ihr Team (oder Ihre Agentur) die Bewegungen auf Ihrer Website sowie die Interaktionen mit Ihren Social-Media-Profilen, um Kampagnen speziell für einzelne Accounts zu bauen. Auch hier setzen die Ansätze in der Regel voraus, dass User die Cookies auf Ihrer Website aktivieren. Wobei die Plattformen bereits an Alternativen arbeiten, die rechtskonform sind und keine Einwilligung einzelner Personen voraussetzen.
- Social Media Ads & Sponsored Content auf Basis von Account-Targeting: Ads, die anhand von Kriterien wie Arbeitgeber, Branche, Region, Erfahrung oder Position innerhalb von LinkedIn angezeigt werden.
Im Vergleich zu anderen Plattformen bietet das Account Targeting von LinkedIn präzisere Segmentierungsmöglichkeiten. Das macht sie vor allem für Anbieter interessant, deren ABM sich an größere Account-Gruppen (z. B. Branchen oder Regionen) richtet. Hilfreich ist es auch, wenn Unklarheit über die Rollen im Buying Center herrscht und Sie nicht wissen, wen Ihr ABM konkret ansprechen soll. In dem Fall gehen die Anzeigen einfach an eine etwas größere Zielgruppe.
Schritt 6: Maßnahmen messen & optimieren
Teil des Social Sellings ist nicht zuletzt, Maßnahmen retrospektiv zu betrachten und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Welche Kennzahlen hierfür geeignet sind, hängt von den Zielen Ihrer Initiative ab.
Die meisten Unternehmen fokussieren sich auf folgende KPIs:
- die Zahl der generierten Kontakte in Key Accounts
- die Anzahl der veröffentlichten Posts
- Views je Account
- Interaktionen (Likes, Shares, Kommentare) sowie
- handfeste Ergebnisse (Meetings, Anfragen etc.)
Auskunft darüber, wie erfolgreich Ihre Aktivitäten sind, gibt auch der Social Selling Index (SSI). Dieser von LinkedIn entwickelte Score bewertet Ihr Profil anhand von Kategorien wie „Professionalität“, „Netzwerk“, „Aktivität“ und „Beziehungen“. Welchen Wert Ihr Profil derzeit aufweist, sehen Sie in Ihrem Social Selling Index Dashboard.
Fazit: ABM & LinkedIn gehören zusammen
Account-based Marketing ist eine Strategie, die lukrative Zielkunden auf allen relevanten Kanälen möglichst individuell bearbeiten will. Hierzu zählen nicht zuletzt die sozialen Medien, in B2B-Unternehmen insbesondere LinkedIn.
Eine Social-Selling-Strategie im Rahmen eines ABM-Programms zielt darauf ab, Vertrauen, Sympathie und Loyalität aufseiten der Accounts zu erzeugen. Dies erfordert die Kombination aus organischem Content und bezahlten Anzeigen, deren Inhalte sich auf die Anforderungen und Nöte der Zielgruppe konzentrieren. Das ist aufwendig, trägt aber langfristig dazu bei, die mit ABM verbundenen Ziele zu erreichen.