Was braucht es, um in seiner Branche als Thought Leader wahrgenommen zu werden? Was müssen B2B-Unternehmen dafür leisten und wie wirkt sich das auf die Arbeit von Marketing und Vertrieb aus? Darüber haben wir mit einem unserer Kunden gesprochen – mit Andreas Hoberg, Managing Partner der Ingenics AG.
Warum ist Thought Leadership wichtig für Ingenics?
Andreas Hoberg: Wir sind eine international tätige Unternehmensberatung, die OEMs und Lieferanten aus den klassischen Industrien bei der Transformation und Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle, Produkte und Prozesse unterstützt. Das heißt, wir bieten komplexe Dienstleistungen, die unsere Zielgruppe zunächst verstehen und einordnen muss. Damit verbunden ist ein längerer, sorgfältig vorbereiteter Entscheidungsprozess, in dem wir uns als Anbieter positionieren wollen: Als Vordenker, der versteht, wie die Branche der Kunden funktioniert, welche Probleme typisch und welche Handlungsfelder wichtig sind. Eine Thought Leadership Strategie ist dafür unerlässlich.
Was tut Ingenics, um sich als Experte zu positionieren?
Andreas Hoberg: Im Wesentlichen dreht sich alles um Content. Wir veröffentlichen zweimal im Jahr ein Magazin, in dem wir unsere Sichtweisen darlegen, Lösungen vorstellen, aus Projekten berichten und mit Kunden über deren Erfahrungen und Einschätzungen sprechen. Jede Ausgabe widmet sich einem oder zwei Oberthemen, die wir in den Artikeln näher beleuchten. Darüber hinaus platzieren wir regelmäßig Fachtexte in Branchenzeitschriften, unserem Blog sowie in Online-Medien. Hinzu kommen Webinare, Case Studies, Aktivitäten in den sozialen Medien, Suchmaschinenoptimierung und natürlich unsere Website.
Wie beeinflussen diese Schwerpunkte die Arbeit in Marketing und Vertrieb?
Andreas Hoberg: Thought Leadership bedeutet, sich auf die Anforderungen seiner Zielgruppe auszurichten. Das kann das Marketing nicht alleine leisten. Es ist auf die Expertise und die Branchenkenntnisse unserer Beraterinnen und Berater angewiesen. Im Vergleich zu früher ergibt sich daraus eine wesentlich engere Verzahnung zwischen dem Marketing und unserem Consulting-Team, gerade was die Planung und Erstellung von Content betrifft. Das ist ein Veränderungsprozess, für den beide Seiten Zeit brauchen. Sich auf die Situation der Kunden einzustellen, deren Ziele zu verstehen und den richtigen Content über die richtigen Kanäle zu veröffentlichen, das sagt sich so leicht. Es zu leben, ist etwas ganz anderes. Aktuell sind wir mit Unterstützung von chain relations dabei, kundenzentrisches Denken stärker in den Köpfen der Mitarbeitenden zu verankern. Dank Analysen der Kundenzufriedenheit, der Entscheidungsprozesse sowie der daraus resultierenden Coachings bewegen wir uns hier aus meiner Sicht in die richtige Richtung.
Inwiefern hat sich die Strategie für Thought Leadership in den letzten Jahren verändert?
Andreas Hoberg: Den Anspruch, zu den Vordenkern unserer Branche zu zählen, hatten wir schon immer. Um dies zu demonstrieren, nutzen wir heute aber andere Werkzeuge. In der Vergangenheit haben wir im Marketing eher auf klassische Aktivitäten gesetzt. Das funktionierte jedoch mit der Zeit immer weniger. Vieles davon hatte sich einfach abgenutzt. Daher haben wir vor etwa sechs Jahren damit begonnen, „moderne“ Ansätze für die Online Lead Generierung zu nutzen; hauptsätzlich Inbound Marketing. Etwas später kam dann ja auch schon der Kontakt zu chain relations zustande.
Warum entschied Ingenics sich für die Zusammenarbeit mit chain relations?
Andreas Hoberg: Wir suchten damals nach einer Agentur, die uns bei der Konzeption und Erstellung von Value Content für unsere Lead Generierung unterstützt. Der Kontakt entstand über unser Netzwerk. Nach den ersten Gesprächen mit Torsten Herrmann (Geschäftsführer von chain relations) entschieden wir uns dafür, ein Pilotprojekt zu wagen. Da wir schnell Resultate erhielten und die Resonanz auf dieses Whitepaper sowohl intern als auch bei unserer Zielgruppe positiv war, folgten mit der Zeit immer mehr Content-Projekte. So hat sich eine Zusammenarbeit entwickelt, die von Vertrauen geprägt ist und inhaltlich mit Blick auf unsere Resultate kontinuierlich neue Schwerpunkte setzt.
Wie drückt sich das im Content Marketing aus?
Andreas Hoberg: Nach unserer Erfahrung reicht es nicht, Content auf der Website zum Download anzubieten und darauf zu warten, dass die Kunden von sich aus kommen. So leicht geht es leider nicht. Daher konzentrieren wir uns mittlerweile weniger auf Lead Generation, sondern versuchen, mehr nach draußen zu gehen, Nachfrage aktiv zu fördern, von unserer Zielgruppe gesehen zu werden. Dementsprechend setzen wir im Sinne von Demand Generation mehr auf Gastbeiträge, Aktivitäten in Social Media und natürlich unser Magazin. Gerade hierauf erhalten wir von Kunden sehr viel positives Feedback. Das bestärkt uns darin, am Ball zu bleiben und unseren Weg weiterzugehen.
In welche Richtung wird sich Thought Leadership Marketing bei Ingenics entwickeln?
Andreas Hoberg: Die operativen Schwerpunkte werden sich in naher Zukunft nicht großartig verändern. Anders sieht es im Bereich Strategie aus. Wir wollen besser verstehen, wie Führungskräfte in Kundenunternehmen denken, was sie von einem Anbieter wie uns erwarten und wie sie Entscheidungen treffen. Daher führen wir in Zusammenarbeit mit chain relations eine Kundenbefragung durch, in der es um Themen wie Zufriedenheit und Entscheidungsprozesse gehen wird. Darauf aufbauend wollen wir unsere Prozesse in Marketing und Sales, aber natürlich auch unsere Inhalte noch stärker auf die Menschen zuschneiden, die wir erreichen wollen.
Gibt es Tipps, die Sie Unternehmen für den Weg zum Thought Leader geben können?
Andreas Hoberg: Wichtig ist, dass Unternehmen ihr Produktportfolio und ihre Abgrenzung vom Markt definieren. Ein solcher Ordnungsrahmen hilft, sich auf die passenden Personas zu konzentrieren und klar benennbare, messbare Ziele festzulegen. Dazu ist es heute noch wichtiger als früher, die Situation seiner Zielgruppe zu verstehen. Das ist komplex und aufwendig. Doch nur so entstehen die Grundlagen dafür, in der Ansprache von Bestands- und Neukunden die richtigen Akzente zu setzen.
Die Ingenics AG ist eine global aktive Unternehmensberatung mit den Schwerpunkten Strategie-, Prozess- und Organisationsberatung (inkl. Umsetzung) sowie digitale Transformation. Das 1979 gegründete Unternehmen beschäftigt 855 Mitarbeitende an 20 Standorten, u. a. Ulm, Hamburg, München, Paris und Shanghai. Zu den Kunden der Consulting Firma zählen mittelständische und große Unternehmen aus den klassischen Industrien, darunter Konzerne wie Bosch, Audi, BMW und Airbus.
FAQ
Was ist Thought Leadership?
Thought Leadership (“Meinungsführerschaft”) ist ein strategischer Ansatz, der darauf abzielt, ein Unternehmen oder eine Person als Meinungsführer zu positionieren. Werkzeuge, die dabei zum Einsatz kommen, sind v. a. Content und Social Selling, aber auch Suchmaschinenoptimierung, Performance Marketing und E-Mail-Marketing.
Was ein Thought Leader ist, lässt sich auf zwei Arten interpretieren. Die erste, strengere Definition versteht darunter eine exklusive Vordenkerrolle, die lediglich ein Unternehmen oder eine einzelne Person einnehmen kann. Diese Autorität bietet einen innovativen Lösungsansatz, der auf dem Markt einzigartig ist. Vor allem in den USA verbreitet ist eine abgeschwächte Definition von Thought Leadership. Demnach handelt es sich um einen elitären Kreis, zu dem mehr als eine Person oder ein Unternehmen zählen. Sich dort zu etablieren, ist naturgemäß leichter, als bei einem bestimmten Thema die Spitze der intellektuellen Nahrungskette zu erreichen.
Was sind die Vorteile von Thought Leadership Marketing?
Als Thought Leader zu gelten, ist ein Wettbewerbsvorteil, der schwer erreichbar und schwer zu schlagen ist. B2B Unternehmen profitieren von:
- Mehr Aufmerksamkeit: Thought Leadership hilft, das Fachwissen eines Unternehmens oder einer Einzelperson nach außen zu tragen. Thought Leader gewinnen die Aufmerksamkeit der Zielgruppe, demonstrieren ihr Know-how sowie ihr Angebot und nutzen alle geeigneten Kanäle, um ihre Marke zu fördern.
- Mehr Glaubwürdigkeit: Für Menschen, die sich mit einer Kaufentscheidung befassen, sind Thought Leader aufgrund ihrer Reputation erster Ansprechpartner.
- Besseren Kundenbeziehungen: Zu den Zielen des Thought Leaderships zählt, Kontakte zu knüpfen und Vertrauen aufzubauen. Auf Plattformen wie LinkedIn und Xing, in Webinaren oder auch Podcasts bieten Thought Leader Kontakten die Gelegenheit, Fragen zu stellen, Erfahrungen zu teilen und Feedback zu geben.
Was ist Demand Generation?
Thought Leadership ist ein typisches Element eines Programms für Demand Generation. Bei dieser vielschichtigen Strategie konzentrieren sich Marketing & Sales darauf, die Nachfrage nach Produkten oder Services in potenziellen Kundenunternehmen gezielt zu erhöhen. Im Kern geht es darum, mit hilfreichen, entscheidungsrelevanten Inhalten eine Community aufzubauen, die sich für die Inhalte des Anbieters interessiert und seinen Expert:innen folgt.
Demand Generation ist ein langfristig angelegter Ansatz, der sich im Gegensatz zur Lead Generierung nicht nur auf Personen fokussiert, die gerade eine Entscheidung vorbereiten, sondern auch auf solche, die vielleicht erst in einigen Monaten oder Jahren für eine Zusammenarbeit bereit sind.
Was muss Content dafür leisten?
Unternehmen, die als Thought Leader wahrgenommen werden wollen, müssen ihr Fachwissen kontinuierlich greifbar machen. Dafür braucht es Inhalte, die die Fragen der Zielgruppe beantworten, Interessent:innen neue Ideen vermitteln und deren Perspektive einnehmen. Geeignet sind beispielsweise Fachartikel, Webinare, Videos und Podcasts, aber auch Social Media Posts und Tools, die Kunden einen Mehrwert bieten (Checklisten, Produktdemos etc.).
Ist die Position als Meinungsführer für jedes Unternehmen realistisch?
Für die Rolle des Thought Leaders kommt nicht jede Organisation in Frage. Führende Unternehmen zeichnet aus, dass sie ihrer Zielgruppe komplexe, erklärungsbedürftige Produkte & Services anbieten. Das gilt beispielsweise für Beratungsunternehmen mit betriebswirtschaftlich-technischem Schwerpunkt, IT-Beratungen, Anwaltskanzleien oder Ingenieurbüros. Als Meinungsführer können aber durchaus auch Produkt- bzw. Software-Anbieter (z.B. Apple & Steve Jobs oder Tesla) gelten.
Können Vordenker an Autorität verlieren?
Die Relevanz eines Themas kann sich ebenso verändern wie die Zielgruppe eines neuen, visionären Angebotes. Das zeigt ein Blick auf Denkmodelle wie den Technology Adoption Lifecycle von Geoffrey A. Moore oder den Themenzyklus von Forrester. Demnach werden Zielgruppen entlang des Technology Adoption Lifecycle immer risikoaverser. Daher verlieren Innovationen und neue Lösungsansätze an Strahlkraft und Relevanz.
Ein Beispiel dafür ist die New Economy, die sich in den USA um die Jahrtausendwende bildete. In den Boom-Zeiten kamen neue Internet-Beratungsunternehmen auf, denen sehr viel Vertrauen geschenkt wurde. Später waren den Kunden dann allerdings andere Kompetenzen wichtiger, vor allem die Erfahrung eines Lösungsanbieters. Da die klassischen Beratungsunternehmen sich mit der Zeit die nötigen Qualifikationen und Denkweisen aneignen konnten, wurden viele junge Internetfirmen, deren Wachstum stagnierte, entweder aufgekauft oder zum Aufgeben gezwungen. Für den Massenmarkt waren sie nicht attraktiv genug.
Wenn Sie mehr über digitales Marketing in Consulting Firmen lesen möchten, empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag „Marketing für eine Unternehmensberatung: Worauf kommt es heute an?“. Darin erläutern wir, wie Berater:innen auf Basis von systematisch gewonnenem Kundenwissen eine Strategie entwerfen, die auf die Anforderungen ihrer Zielgruppe(n) zugeschnitten ist.