Inbound Marketing und Content Marketing zählen zu den bekanntesten Marketingdisziplinen. Sie voneinander zu trennen, ist nicht ganz leicht, denn in vielen B2B-Unternehmen sind sie eng verwoben. Was verbindet sie und in welche Richtung wird sich ihr Verhältnis entwickeln?
Content Marketing und Inbound Marketing
Moderne Strategien für die Neukundengewinnung setzen alles daran, Kunden eine ideale Customer Experience zu bieten. Inhaltlich gibt es dabei zahlreiche Überschneidungen, die es erschweren, Konzepte klar auseinander zu halten. Am Beispiel von Inbound und Content Marketing wird das besonders deutlich:
- Content Marketing will Kunden auf ihrer Customer Journey alle Informationen liefern, die deren Buying Center für die Entscheidung benötigt. Typische Formate sind Texte (Whitepaper, Blogbeiträge etc.), Videos, Infografiken sowie interaktive Formate wie Podcasts.
- Inbound Marketing bietet ein strategisches Framework für die Generierung und Qualifizierung von Leads. Potenzielle Kunden werden via Content auf die Website des Anbieters aufmerksam und konvertieren durch einen Download zum Lead. Handelt es sich um einen aussichtsreichen Kontakt, wird er sukzessive mit weiterem Content versorgt (Lead Nurturing), bis er für ein Gespräch mit dem Vertrieb bereit ist.
Für sich genommen handelt es sich um zwei eigenständige Ansätze. Während das Inbound-Spiel ohne entscheidungsrelevante Inhalte nicht durchführbar ist, können Anbieter Content Marketing allerdings auch unabhängig von Lead-Generierung und -Management einsetzen. Beispielsweise im Rahmen einer Demand Generation Strategie, die via Content eine Community aufbaut.
Welche Aufgaben erfüllt Content für Inbound-Marketing?
Content ist der Treibstoff, der Inbound Marketing befeuert. Content übernimmt dabei verschiedene Rollen:
1. Input für Suchmaschinen
Content, z. B. Blog-Posts, soll Menschen über Suchmaschinen anziehen und auf die Angebote des Anbieters aufmerksam machen. Google und andere Tools indexieren den Content. Landet er weit oben in den Ergebnislisten, führt er logischerweise auch mehr Leute auf die Seite.
Technische Aspekte spielen bei der Suchmaschinenoptimierung mittlerweile eine untergeordnete Rolle. Google will Suchenden gerade die Inhalte zuführen, die deren Fragen kompetent beantworten – nicht die, bei denen technische Einstellungen am besten funktionieren. Gerade Google ist inzwischen sehr gut darin, die Qualität des Contents zu bewerten.
2. Anreiz für Registrierung
Sobald jemand auf der Website bzw. im Blog gelandet ist, wollen wir die Person zur Registrierung animieren. Hierfür bieten wir registrierungspflichtige Inhalte wie Whitepaper oder E-Books an. Im Wesentlichen geht es also um einen Tausch: Besucherinnen und Besucher tragen ihre Daten in ein Formular ein und bekommen dafür ein Dokument oder die Zugangsdaten zu einem Webinar.
3. Angebot für Anzeigen
Das Tauschangebot kann auch in einer Online-Anzeige erfolgen, z. B. bei Google Ads. Anbieter werben dann nicht allgemein mit Produkten oder Services, sondern für ein Download-Angebot („Jetzt e-Guide 20 Tipps für die Lead-Generierung herunterladen“). Der Vorteil daran ist, dass Werbeausgaben messbar zum Erfolg beitragen und nicht nur allgemein auf den Website-Traffic oder Aspekte wie Markenbekanntheit einzahlen.
4. Angebot für die Informations-/Recherchephase
Am Anfang der Buyer’s Journey suchen Entscheiderinnen und Entscheider relativ unstrukturiert alles zusammen, was wichtig werden könnte. Content kann ihnen den Weg weisen. Z. B. indem Anbieter signalisieren, dass ihr Blogpost Grundlagen vermittelt, aber noch noch keine Detailinformationen enthält.
5. Angebot für die Bewertungsphase
Nach der Informationsphase versucht das Buying Center, die Informationen zu filtern und Lösungsvarianten (nicht zwingend Anbieter) zu vergleichen. Guter Content liefert daher Bewertungs- und Vergleichsmaßstäbe für die Entscheidung (Sense Making).
6. Angebot für die Entscheidungsbestätigung
Entscheiden muss Buying Center letztlich selbst. Doch auch in den späten Phasen der Buyer’s Journey kann Content noch helfen. Hilfreich sind z. B. Case Studys, die die Zusammenarbeit mit vergleichbaren Unternehmen beschreiben, oder technische Datenblätter. Solche Tools helfen Kunden, ihre Entscheidung abzusichern.
7. Thought Leadership
Content ist wesentlicher Bestandteil einer Strategie für Thought Leadership. Inhalte, in denen Anbieter neue Ansichten, Theorien, Ansätze, Tools oder Methoden beschreiben, helfen dabei, als „Vordenker“ einer Branche wahrgenommen zu werden.
Im Inbound Marketing geht es um fünf Content-Klassen
Inhalte, die für Inbound Marketing in Frage kommen, lassen sich in fünf Klassen einteilen:
- Buyer’s Journey-Content
- Thought-Leadership-Content
- Basis-Content
- Produkt-Content
- Nachrichten-Content
Buyer’s Journey-Content: den Lead voranbringen
Inbound Marketing will den Entscheidungsprozess des Leads begleiten und beeinflussen. Ziel ist nicht, einfach nur Aufmerksamkeit zu erzeugen oder den Bekanntheitsgrad des Unternehmens zu erhöhen. Im Gegensatz zu „purem Content“ Marketing richten wir uns im Inbound Marketing nicht an die gesamte Zielgruppe. Stattdessen konzentrieren wir uns auf Unternehmen, bei denen eine Entscheidung ansteht (bzw. anstehen könnte).
Für die Bearbeitung von Leads braucht es sogenannten Buyer’s Journey-Content. Er erläutert Kunden,
- wie ihre Herausforderungen lösbar werden,
- welche Konsequenzen dies für Organisation und Prozesse hat,
- wo die Grenzen liegen,
- warum alternative Lösungen nicht in Frage kommen und
- wie das Projekt nach der Entscheidung aussehen könnte.
Inbound Marketing ersetzt einen Teil des klassischen Verkaufsprozesses. Der Kunde will lieber selbst recherchieren und sich nicht alle Fragen rund um die Entscheidung von Verkäuferinnen und Verkäufern erklären lassen. Der Content muss daher möglichst viele Fragen im Vorfeld erklären.
Wenn das Unternehmen morgen die Entscheidung für unser Produkt oder unsere Dienstleistung trifft, sollte es keine großen Überraschungen mehr geben. Theoretisch haben wir dem Geschäftskunden bereits alles erklärt. Praktisch gibt es natürlich noch zahlreiche individuelle oder branchenspezifische Fragen.
Thought Leadership-Content
Ein wichtiges Entscheidungskriterium ist häufig die Zukunftsfähigkeit einer Lösung:
- Wird es den Anbieter morgen noch geben?
- Wird er auch in Zukunft hilfreiche Lösungen anbieten?
- Sind wir auch bei Zukunftsthemen gut aufgehoben, obwohl wir noch gar nicht wissen, was die Branche bewegt?
Für viele Kunden ist es wichtig, dass sie langfristig auf einen Anbieter setzen können. Technologien entwickeln sich weiter, neue Trends greifen um sich, Management-Ansätze verändern sich. In diesem volatilen Umfeld suchen manche Kunden nach einem Partner, die die Themen von morgen schon heute im Blick hat. Sie wollen langfristig von dessen Know-how profitieren.
Thought-Leader-Content vermittelt Kunden bislang unbekannte Ansichten zu einem Themengebiet. Unternehmen müssen damit nicht unbedingt das Rad neu erfinden. Wenn eine Consulting-Firma in ihrem Blog einen selbst entwickelten Beratungsansatz erläutert, erfüllt sie damit beispielsweise bereits die Kriterien für Thought Leadership.
Basis-Content
Basis-Content bewegt sich auf der Ebene von Definitionen und Frequently-Asked Questions (FAQs). Statt darüber zu schreiben, was die Entscheidung für ein Produkt bedeutet, erläutern wir hier eher, um was für eine Art von Produkt es sich handelt, was es kann und wie es sich grundlegend von anderen Methoden, Produkt- oder Technologieansätzen unterscheidet.
Solche Informationen richten sich vermutlich nicht an Leute, die sich mit einer Entscheidung beschäftigen. Jemand, der sich noch mit dem „Was ist das überhaupt?“ beschäftigt, wird wohl nicht direkt auf Entscheidungsvorbereitung umschalten. Dennoch ergibt es allein aus SEO-Gründen Sinn, allgemeine Fragen zu beantworten und mit dem Buyer’s Journey Content zu verlinken. Dadurch erkennt Google, wie intensiv sich Anbieter mit dem Themenbereich beschäftigen und wie die Informationen strukturiert sind.
Produkt-Content
Produktinformationen finden sich auf Angebotsseiten, können aber auch im Blog erscheinen oder im Rahmen von Case Studys. Sie sind in der Regel erst gegen Ende der Buyer’s Journey relevant. Solange sich jemand noch erschließen will, was eigentlich das Problem ist und wie man es lösen kann, sind die konkreten Features und Functions noch nebensächlich. Aber in der Decision- oder Consideration-Phase gewinnen sie an Bedeutung: Dann will der potenzielle Kunden überprüfen, was das Produkt für ihn bietet.
Nachrichten-Content
News signalisieren, dass es beim Anbieter voran geht. Sie drehen sich meist um Neuigkeiten, Trends und Angebote und sind tradionellerweise Domäne der PR-Abteilung. Auch hier handelt es sich nicht um Informationen, die für die Entscheidungsfindung relevant sind. Aber sie dienen dem positiven Eindruck – auch gegenüber Google.
Ausblick: Inbound-Marketing und Content-Marketing
In vielen Unternehmen bilden Inbound und Content Marketing seit Jahren eine Einheit. Ob das in Zukunft so bleiben wird, ist fraglich. Registrierungen und Conversions gehen in einigen Branchen seit einiger Zeit merklich zurück. Das hat vor allem zwei Gründe:
- Die Kunden kennen das Inbound-Prinzip mittlerweile. Um den Kontakt mit dem Vertrieb zu vermeiden, verzichten viele auf eine Registrierung.
- Über manche Themen gibt es so viele schrankenlose Informationen, dass eine Registrierung für Value Content gar nicht nötig ist.
In den USA, aber auch in Deutschland setzen immer mehr Anbieter inzwischen nicht mehr auf Lead Management via Inbound Marketing, sondern auf Demand Generation. Hierbei geht es im Kern darum, eine Community aus potenziellen Kunden aufzubauen und das Interesse an den Lösungen des Anbieters mit zugangsfreiem (ungated) Content zu steigern. Kontakte werden dabei deutlich passiver als im Inbound Marketing bearbeitet.
Ob sich Demand Generation als Standard durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Dass Inbound Marketing nicht mehr funktioniert, lässt sich nach unserer Erfahrung aber nicht sagen. Wie effektiv es ist, hängt letztlich von der Qualität des Contents ab. Inhalte, die in ähnlicher Form auch bei anderen Anbietern findbar sind, sind für Interessentinnen und Interessenten nicht attraktiv genug. Einen Mehrwert liefern Inhalte nur, wenn sie exklusive, entscheidungsrelevante und hilfreiche Informationen liefern, die hochwertig aufbereitet sind und dank SEO und Content Seeding die Zielgruppe erreichen.
QUELLE DES BEITRAGSBILDS:
https://images.nasa.gov/#/details-PIA16604.html