Im Account-based Marketing (ABM) fokussieren Unternehmen ihre Marketing- und Sales-Ressourcen auf eine überschaubare Zahl an besonders attraktiven Zielkunden. Wir sprechen von Ziel-Accounts, die aus Sicht des ABM-Anwenders so lukrativ sind, dass es sich lohnt, große Anstrengungen in individuelle Marketing-Programme zu investieren. Eine schwierige, aber auch sehr effektive Strategie.
Die erste Aufgabe im ABM besteht darin, die richtigen Accounts auszuwählen. Warum dieser Schritt für den Erfolg Ihres Programms entscheidend ist und wie Sie dabei vorgehen können, schauen wir uns an dieser Stelle genauer an:
Warum ist die Account-Auswahl für den Erfolg eines ABM-Programms so wichtig?
Account-based Marketing ist eine ressourcenintensive Methode. Unabhängig davon, für welchen ABM-Ansatz Sie sich entscheiden, entwerfen Sie umfangreiche Strategien, die auf die Bedürfnisse einzelner Accounts oder Account-Segmente zugeschnitten sind. Bereits die Konzeption ist mit einem hohen Aufwand verbunden – zumal nicht nur das Marketing, sondern auch der Vertrieb daran beteiligt sein sollte. Hinzu kommen zahlreiche operative Aufgaben:
- Sie kaufen und pflegen Systeme, die Account-based Marketing überhaupt erst möglich machen.
- Sie erstellen eine oder mehrere personalisierte Varianten Ihrer Webseite.
- Sie produzieren für Ihre Accounts maßgeschneiderten Content, der auf die Bedürfnisse einzelner Entscheidertypen eingeht.
Das ist nur eine kleine Auswahl der Aufgaben, die im Account-based Marketing auf Sie zukommen. Sie verdeutlicht, dass Fehlentscheidungen bei der Account-Auswahl nicht nur frustrierend sind, sondern Sie teuer zu stehen kommen. Und das in zweierlei Hinsicht:
- Konzentrieren Sie sich auf die falschen Accounts, entgehen Ihnen womöglich an anderer Stelle wertvolle Deals, für die Ihr Unternehmen per se in Frage gekommen wäre.
- Investieren Sie in Ziel-Kunden, bei denen die Deal-Größen diesen Aufwand nicht in Geld aufwiegen können, verbrennen Sie Budget, das woanders besser aufgehoben wäre.
Mit der Account-Auswahl schaffen Sie die Voraussetzung dafür, Ihre Ressourcen (Zeit, Personal, Budget) in Accounts zu investieren, die den höchsten ROI versprechen. Daher sollten Sie bereits in diesem ersten Schritt sorgsam und methodisch vorgehen. Wir bei chain relations haben mit unseren Kunden dank des folgenden Schemas sehr positive Erfahrungen gesammelt:
- Definieren Sie Ihr Ideal Customer Profile (ICP).
- Erstellen Sie eine erste Liste mit potentiellen Accounts.
- Sammeln Sie Daten zu den Accounts, die für Ihr ABM in Frage kommen.
- Priorisieren Sie die Liste mit Blick auf Ihr ICP.
- Treffen Sie die finale Entscheidung.
Schritt 1: Definieren Sie Ihr Ideal Customer Profile (ICP)
Bevor Sie sich für eine Reihe von Ziel-Accounts entscheiden, sollten Sie definieren, wen Sie mit Ihrem ABM-Programm überhaupt reichen möchten. Hierfür erstellen Sie ein Ideal Customer Profile (ICP) – ein ideales Kundenprofil. Dabei handelt es sich um eine hypothetische Beschreibung eines Unternehmens, das den größten Nutzen aus Ihrem Angebot zieht und folglich am schnellsten von Ihnen gewonnen werden könnte.
Um herauszufinden, wie ein solcher „Traumkunde“ in Ihrem Fall aussieht, sollten Sie die folgenden Fragen beantworten (am besten mit Ihren Kollegen aus dem Vertrieb):
- Für die Herausforderungen welcher Unternehmen ist Ihr Angebot besonders gut geeignet?
- Welche Attribute sind charakteristisch für diese Unternehmen?
- Mit welchen Unternehmen haben Sie bislang die lukrativsten Geschäfte ausgehandelt?
- Welche Eigenschaften sind typisch für diese Bestandskunden?
- Welche Merkmale sind ein Zeichen dafür, dass es sich bei einem Unternehmen nicht um einen idealen Kunden handelt?
Ihr ICP ist ein Unternehmen, das für Sie enorm hohe Chancen verspricht und gleichzeitig so einfach wie möglich zu gewinnen ist. Sie suchen also nach Unternehmen, die zu Ihrem Angebot sehr gut passen und die dafür hohen Bedarf und großes Interesse aufweisen (US-Amerikaner sprechen hierbei gerne vom „Fit“ eines potentiellen Kunden). Je stärker ein Account diesem fiktiven Modell ähnelt, desto höher ist seine Relevanz für Ihr ABM-Programm.
Schritt 2: Erstellen Sie eine erste Liste mit potentiellen Accounts
Haben Sie Ihr ICP entwickelt, verfügen Sie bereits über eine sehr konkrete Vorstellung von Ihren Ziel-Kunden. Dieses Wissen genügt, um gemeinsam mit Ihren Marketing-Kollegen eine erste Liste mit potentiellen Accounts zu erstellen. Hierbei empfiehlt sich ein intuitives Vorgehen, z. B. in Form eines Brain Stormings.
Wichtig ist, dass Sie bei diesem Schritt großzügig sind. Unternehmen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Ziel Ihrer ABM-Strategie sein werden, gehören hier genauso aufgelistet wie Wackelkandidaten, bei denen Sie noch unsicher sind, ob sich der mit ABM verbundene Aufwand wirklich lohnt. Denn diese erste Liste wird später noch gefiltert (siehe Schritt 5). Hier geht es erst einmal nur darum, eine Liste mit Kandidaten zu erstellen, die Sie anschließend anhand verschiedener Daten auf Herz und Nieren überprüfen.
Schritt 3: Sammeln Sie Daten zu den Accounts, die für Ihr ABM in Frage kommen
Diese erste Liste ist nicht aussagekräftig genug, um darüber mit dem Vertrieb zu diskutieren. Deswegen reichern Sie diese erste Version mit Daten an, die Ihnen helfen, die potentiellen Ziel-Accounts seriöser bewerten zu können. Hierbei stehen Ihnen vier Arten von Daten zur Verfügung:
a) Firmenbezogene Daten
- Unternehmensgröße
- Mitarbeiterzahl
- Branche
- Wachstumsrate
- Zahl der Standorte
Quellen: Unternehmensregister, Branchenverzeichnisse, CRM-System, Unternehmenswebsites, Vertriebsmitarbeiter, Social Media (v. a. LinkedIn & XING).
b) Beziehungsbezogene Daten
- Bislang getätigte Geschäfte mit dem Account (inkl. konkreter Zahlen)
- Geplatzte Deals mit dem Account
- Bestehende Beziehungen zu Mitarbeitern des Accounts
Quellen: ABM-Software, CRM-System, Vertriebsmitarbeiter.
c) Absichtsbezogene Daten (Intent Data)
- Nach welchen Themen informieren sich identifizierte Entscheider des Unternehmens – sowohl auf Ihrer Webseite (First-Party Intent Data) als auch auf fremden Portalen (Second-Party Intent Data)?
Quellen: Tracking-Tools (i. d. R. Bestandteil von Marketing-Automation-Systemen), Datenanbieter wie Bombora, Vertriebsmitarbeiter.
d) Technikbezogene Daten
- Welche Technologien sind bei dem Account aktuell im Einsatz?
- Passt die von Ihnen angebotene Technologie zur derzeitigen technischen Infrastruktur des Accounts?
- Besteht bei dem Account ein Bedarf für diese Technologie?
- Nutzt der Account möglicherweise die Technik oder Software eines Konkurrenten?
Quellen: Competitive-Intelligence-Anbieter wie HG Insights, Web-Scraping-Software wie Datanyze, Foren, Jobbörsen, Social Media.
Schritt 4: Priorisieren Sie die Liste mit Blick auf Ihr ICP
An diesem Punkt haben Sie für jeden Account umfangreiches Datenmaterial zusammengetragen. Diese Datenbank ist die Grundlage, um Ihre Erfolgschancen bei jedem dieser Accounts separat zu bewerten. Darauf aufbauend priorisieren Sie Ihre Liste.
Hierbei bietet es sich an, ein Punktesystem zu verwenden (ähnlich wie beim Lead Scoring im Inbound Marketing), um die Accounts zu bewerten. Wir bei chain relations setzen in der Regel auf ein zweigeteiltes System:
- Ein Punktekonto berücksichtigt sämtliche Daten, die Auskunft über den „Fit“ – die „Passgenauigkeit“ des Accounts in Bezug auf Ihr ICP – geben. Hierzu gehören v. a. die firmenbezogenen Daten.
- In das zweite Punktekonto fließen alle Daten, die Informationen zum Interesse sowie den Bedarf des Accounts beinhalten. Hierunter fallen beziehungsbezogene, absichtsbezogene sowie (ggf.) technikbezogene Daten.
Schritt 5: Treffen Sie die finale Entscheidung
Die ersten vier Schritte sind in erster Linie Sache des Marketings. Die finale Auswahl-Entscheidung sollten Sie jedoch Ihren Kollegen aus dem Vertrieb überlassen. Deren Branchenexpertise ist in den meisten Fällen wesentlich ausgeprägter, als dies im Marketing der Fall ist. Dazu – und das ist nicht zu unterschätzen – steigern Sie damit die Akzeptanz Ihrer neuen Marketing- und Sales-Strategie.
Wichtig ist, dass Sie Ihre Account-Liste in diesem finalen Schritt filtern. Es geht nicht darum, so viele Accounts wie möglich individuell zu bearbeiten. Sie wollen Ihre ABM-Ressourcen nur in die Accounts investieren, die zu Ihrem ABM-Ansatz und Ihrer Strategie passen.
Fazit
Die Account-Auswahl ist nur einer von vielen Schritten auf dem Weg zum erfolgreichen Account-based Marketing. In den nächsten Stufen geht es unter anderem darum, Entscheider in den Ziel-Accounts zu identifizieren, Account-Insights zu sammeln und account-spezifischen Content zu erstellen. Diese Schritte sind wichtig – doch sie werden nur dann zum gewünschten Erfolg führen, wenn Sie bereits zu Beginn die richtigen Weichen gestellt haben.