Charakteristisch für modernes B2B-Online-Marketing ist der Fokus auf den Kunden. Im Kern geht es immer darum, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und Umsatzchancen mithilfe passender Prozesse, Botschaften und Maßnahmen zu steigern und eine möglichst positive Customer Experience zu bieten. Das ist leichter gesagt als getan, schließlich müssen Anbieter konsequent die Sicht ihrer Zielgruppe(n) einnehmen. Ein Werkzeug, das dabei hilft, ist die Customer Experience Map.
Was ist eine Customer Experience Map?
Als Customer Experience Map (auch: Customer Journey Map, CX Map) bezeichnet man die visuelle Darstellung des Weges, den ein Kunde im Kaufentscheidungsprozess sowie während der Nutzung eines Produktes/Services beschreitet. Diese Customer Journey beginnt beim Status quo und der Wahrnehmung eines Problems, das der Kunde mit dem Angebot des Anbieters lösen kann, und reicht bis hin zur Nutzung (und ggf. Ausweitung) dieses Angebotes.
Den dazugehörigen Erstellungs- bzw. Erfassungsprozess bezeichnet man als Customer Experience bzw. Customer Journey Mapping. Es ist elementarer Bestandteil kundenzentrischer Wachstumsstrategien wie Customer-led Growth und umfasst alle Schritte, die für die Erstellung der Karte notwendig sind (dazu gleich mehr).
Warum ist das wichtig für die Customer Experience?
Visualisierung in Form einer CX Map ermöglicht es Unternehmen, die Sichtweise ihrer Kunden einzunehmen und diese besser zu verstehen. Alle Aktivitäten, Gefühle, Gedanken, Bedürfnisse und Entscheidungseinflüsse, die Kunden während der einzelnen Phasen der Customer Journey beschäftigen, werden systematisch erfasst, sinnvoll strukturiert und visualisiert. Mit diesem Tool fällt es Anbietern wesentlich leichter, ihre kundennahen Maßnahmen, Prozesse und Botschaften zu analysieren und im Sinne ihrer Zielgruppe zu optimieren.
Dieses Fundament ist für strategische und operative Entscheidungen in Marketing, Sales, Kundenservice und Produktentwicklung von hohem Wert. Es hilft Unternehmen, die Kundenerfahrung im Kaufprozess sowie während der Produkt-/Servicenutzung zu verbessern. Das Marketing etwa findet in der CX Map präzisen Input für die Optimierung und Ausgestaltung von Kampagnen, Botschaften und Begriffen, die in den einzelnen Phasen der „Kundenreise“ Vertrauen bei der Zielgruppe erzeugen. Dies führt zu
- zufriedeneren Kunden,
- einer stärkeren Kundenbindung & Kundentreue,
- besseren Leads,
- größeren Verkaufs- sowie Up- und Cross-Selling-Chancen sowie
- mehr Umsatz.
Wenn B2B-Unternehmen die gesamte Customer Journey visualisieren, fördert dies außerdem ein gemeinsames Verständnis über Kunden- bzw. Kundengruppen. Das ist der zweite wesentliche Vorteil des Customer Experience Mappings.
Das Wissen, das eine Organisation über die Entscheidungsprozesse, Anforderungen und Bedürfnisse seiner Kunden besitzt, lässt sich mithilfe der Karte strukturiert in alle kundennahen Bereiche (Marketing, Vertrieb, Customer Success Management, Service etc.) transportieren. Dadurch entstehen ideale Voraussetzungen, um Maßnahmen fachübergreifend auf Zielgruppen zuzuschneiden und über jeden Kanal ein konsistentes Kundenerlebnis zu schaffen.
Woher nehmen Unternehmen die Inhalte für eine Customer Journey Map?
In vielen Veröffentlichungen zum Thema CX Mapping wird ein Mythos genährt, der sich im Bereich Customer Experience Management bis heute hartnäckig hält (z. B. wenn es um Buyer Persona Templates geht): Demnach genügen vermeintlich interne Überlegungen und Mutmaßungen, um eine kundenzentrische Unternehmensstrategie zu entwickeln.
Passend dazu wird Customer Journey Mapping oft als Prozess beschrieben, den Unternehmen ausschließlich intern, z. B. in einem Workshop, durchführen. Quellen dafür sind u. a.:
- Kundendaten aus CRM- & Marketing-Automation-Tools
- Erfahrungswerte von Vertrieb und Kundenservice
- Social-Media-Daten
- Informationen über Reklamationen
- Web-Analytics und Tracking-Daten (Website, Kundenshop etc.)
- Kundenbewertungen
- Branchennachrichten
- Wettbewerbsvergleiche
All diese Informationen haben im Mapping potenziell ihre Berechtigung. Sie geben jedoch lediglich einen kleinen Eindruck davon, wie Kunden mit den Marken des Anbieters interagieren. Wer Marketing, Vertrieb & Co. tatsächlich durch die Kundenbrille auf eine Zielgruppe zuschneiden will, muss ergänzend dazu das Verhalten der Kunden analysieren und sinnvolle Marktsegmente bilden, die die Ziele dieser Kundengruppen abbilden.
Der Grund dafür ist simpel: In den meisten Unternehmen ist das Wissen über das Entscheidungsverhalten von Kunden für die Erstellung einer CX Map nicht tief genug ausgeprägt. Das ist ganz natürlich, denn der Großteil der Buyer’s Journey findet aus Anbietersicht mittlerweile im Verborgenen statt. Das Marktforschungsunternehmen Gartner fand z. B. vor einigen Jahren in einer Studie heraus, dass im B2B-Umfeld durchschnittlich rund 67 Prozent der Buyer’s Journey abgeschlossen sind, bevor es zum Kontakt mit dem Vertrieb eines Unternehmens kommt.
Wie Unternehmen die ersten rund zwei Drittel ihrer Buyer’s Journey gestalten, welche tieferliegenden Bedürfnisse sie haben und wie sie sich informieren, wissen nur die wenigsten Anbieter. Für den Vertrieb ergibt es auch wenig Sinn, danach zu fragen. Seine Aufgabe ist, die Kunden vor allem im letzten Drittel dieser Reise zu betreuen und für den Kauf zu qualifizieren. Das Marketing wiederum hat ohnehin wenig bis gar keinen direkten Kundenkontakt. Es kann daher erst recht keine Auskunft dazu geben, wie Kunden eine Entscheidung organisieren.
Warum ist das wichtig?
Lücken im Verständnis von Buyer’s und Customer Journey finden sich in so gut wie jedem B2B-Unternehmen. Werden sie nicht gefüllt, lässt sich das Potenzial einer Customer Journey Map nicht voll ausschöpfen. Stattdessen entstehen größtenteils Mutmaßungen, die von der Realität teils erstaunlich stark abweichen.
Hinzu kommt: Die Vorstellungen, die innerhalb eines Unternehmens über Kunden und Zielgruppen vorherrschen, unterscheiden sich innerhalb einer Branche nur wenig. Die meisten Anbieter tendieren dazu, von ihrem Produkt bzw. Service aus zu denken und die Situation des Kunden nicht genug zu berücksichtigen. Aus der Masse an Wettbewerbern herauszustechen und eine bessere CX zu bieten, ist ohne fundiertes, systematisch generiertes Kundenwissen unmöglich.
Wie erhalten Unternehmen die Insights für das Customer Journey Mapping?
Für die Analyse Ihrer Kunden(-segmente) eignen sich im B2B-Bereich zwei Methoden:
- Die erste besteht darin, eine oder mehrere Buyer Personas zu entwickeln. Buyer Personas sind archetypische Repräsentanten realer Kunden und geben Aufschluss über deren Kaufentscheidungsverhalten. Um sie zu erstellen, werden etwa zehn bis zwölf Personen befragt, die vor Kurzem an der Entscheidung für ein Produkt respektive eine Dienstleistung beteiligt waren. Im Mittelpunkt dieser Interviews stehen die „5 Rings of Buying Insights“ (Investitionsauslöser, Erfolgsfaktoren, typische Hürden, Entscheidungseinflüsse und -kriterien).
- Die zweite Möglichkeit ist, Kunden-Insights mithilfe der Jobs-to-be-Done-(JTBD)-Methode zu generieren. JTBD ist ein strategischer Ansatz für die Analyse von Kundenzielen und -anforderungen. Anhand von Kundenbefragungen (z. B. Online-Fragebögen) und Interviews versuchen Unternehmen zu verstehen, warum Kunden ein Produkt bzw. eine Dienstleistung kaufen. Wesentlich ist in diesem Kontext der „Job“, den der Kunde erfüllen will. Damit gemeint ist der Fortschritt, der in der individuellen Situation des Unternehmens erzielt werden soll.
Beide Methoden wollen das Entscheidungsverhalten von Zielgruppen anhand persönlicher Befragungen verstehen. Hierbei konzentrieren Anwender:innen sich nicht auf oberflächliche Merkmale wie Einkommen oder Familienstatus. Stattdessen finden Unternehmen damit heraus, warum und wie Menschen eine Kaufentscheidung getroffen haben. Um dieses Wissen über das Kundenverhalten zu gewinnen, setzen sie auf einen strukturierten Prozess in der Datenerhebung und -auswertung.
Um sich voll und ganz auf Zielgruppen auszurichten und für jedes Segment die perfekte Customer Journey zu liefern, benötigt Ihr Unternehmen vermutlich mehr als eine Map. In der Regel braucht es für jeden Job-to-be-Done bzw. jede Buyer Persona eine eigene Karte. Daher sollten Sie zu Beginn des Mapping-Prozesses zwei Fragen beantworten: Für welche Buyer Persona/welchen Job wird die Map erstellt? Und welche Customer Journeys wollen Sie skizzieren (z. B. „klassischer Kauf“ oder „Ausweitung eines bestehenden Services“)?
Wie Sie anhand der Analyse Customer Journey Maps erstellen
Unabhängig davon, für welche Methode Sie sich entscheiden: Sobald Sie Ihre Kundenbefragungen durchgeführt und ausgewertet haben, strukturieren Sie die Ergebnisse in einer Customer Experience Map. Hier geht es im Wesentlichen darum, die Customer Journey zu skizzieren und die Erkenntnisse den einzelnen Phasen zuzuordnen (inklusive prägnanter Zitate & Beispiele). Am Ende jeder Phase steht in der Regel immer ein „Meilenstein“, den ein Kunde erreicht hat.
Was ist auf der Map zu sehen?
Customer Experience Maps sind im B2B-Bereich sehr kleinteilig aufgebaut. Auf der horizontalen Ebene zeigt die Karte die einzelnen Schritte, die ein Kundenunternehmen während seiner „Reise“ durchläuft. Dies umfasst einerseits die drei klassischen Phasen der Buyer’s Journey:
- Awareness (Problemwahrnehmung & Definition des Wunschzustandes)
- Consideration (Vergleich & Auswahl geeigneter Lösungsarten)
- Decision (Vergleich & Auswahl geeigneter Lösungsanbieter)
Andererseits beschreibt die Karte auch die Erfahrungen, die Kunden während der Nutzung des Produktes/Services erleben. Bei Software-as-a-Service-Anbietern zählen hierzu z. B. die Implementierung der Software, die User Experience sowie ggf. die Verbreitung des Tools in anderen Abteilungen oder den Wechsel zu einer anderen Lizenzform (z. B. von einer Standard- hin zu einer Enterprise-Variante der Software).
Je nach Unternehmen kann es Sinn ergeben, die Karte auf horizontaler Ebene nicht nur nach Phasen, sondern auch nach Touchpoints zu gliedern. Touchpoints sind in diesem Sinne Berührungspunkte, an dem es zu einer direkten Interaktion zwischen Kunde und Anbieter kommt. Als Touchpoint gelten z. B. die Webseite, das E-Mail-Marketing des Anbieters oder auch die Hotline des Kundenservices.
Auf der vertikalen Ebene zeigt die Karte die Analyse-Schwerpunkte, die ein Unternehmen mit seiner Map setzt. Hierzu zählen in der Regel:
- Handlungen, die Kunden während der jeweiligen Phase im Entscheidungsprozess tätigen (z. B. „Online-Recherche“ oder „Vergleich der Anbieter“).
- Meilensteine, die Kunden zum Abschluss einer Phase erreichen (z. B. „Anforderungen an Lösungen definiert“, „Longlist erstellt“ oder „Produktdemo gebucht“).
- Gedanken, die Kunden in jeder Phase beschäftigen (z. B. Pain Points, Ziele oder Wünsche).
- Gefühle, die Kunden in jeder Phase zeigen (sowohl positive als auch negative oder neutrale).
Für die Erstellung der Map bieten sich visuelle Kollaborationsplattformen wie Miro an. Alternativ können Sie aber auch ein ausreichend großes Whiteboard nutzen und es mit Post-its befüllen.
3 Optionen für die Erstellung einer Customer Experience Map
Unternehmen, die CX Maps anfertigen wollen, haben dafür drei Möglichkeiten:
1. Der recherchebasierte Ansatz
Die erste und beste Variante ist der recherchebasierte Ansatz, denn er minimiert das Risiko, sich bei der Kundenanalyse von Annahmen leiten zu lassen. Hierbei konzentrieren sich Unternehmen im ersten Schritt auf die Analyse des Kundenverhaltens. Diese Resultate werden anschließend im Plenum geschärft. Gerade im B2B-Bereich bieten sich hierfür Buying-Center-Analysen an.
2. Der Hypothesen-Ansatz
Bei dieser Variante bilden Unternehmen ein cross-funktionales Team mit Mitarbeitenden aus Marketing, Vertrieb, Service und ggf. Geschäftsführung. Hierbei werden die Erkenntnisse zusammengetragen, die Stand jetzt über das Entscheidungsverhalten der Kunden zur Verfügung stehen. Die Erkenntnisse werden dann zu einem späteren Zeitpunkt durch die Resultate der Kundenanalyse geschärft.
3. Der Co-Creation-Ansatz
Für Unternehmen, deren Angebot sich an wenige Kundenunternehmen bzw. -segmente richtet, bietet sich noch eine dritte Variante an. So haben einige Unternehmen positive Erfahrungen damit gesammelt, ihre Customer Journey Map gemeinsam mit Kunden zu konzipieren. Sie haben Mitarbeitende aus Key-Account-Unternehmen eingeladen und gemeinsam über deren Customers Journey diskutiert. Auch auf diese Weise können fruchtbare Ergebnisse entstehen.
– Customer Experience Maps zeigen die Herausforderungen, Meilensteine und Anforderungen der wichtigsten Zielgruppensegmente in einer strukturierten Karte.
– Die Maps basieren auf Kundenbefragungen & Interviews mit Entscheider:innen, die sich vor Kurzem für oder gegen das Angebot des Anbieters entschieden haben. Im Fokus steht die Story des Kunden.
– CX Mapping hilft Unternehmen, sich auf die Wünsche ihrer Kunden einzustellen und eine bessere Kundenbeziehung zu erreichen. Die Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb wird intensiver und besser, denn sie erhält eine gemeinsame Informationsbasis.
CX Maps verbessern die Customer Experience
Eine Customer Journey Map schafft ideale Voraussetzungen für Customer Centricity in Marketing und Vertrieb (-> Customer-led Growth). Die Karte zeigt im Detail die Anforderungen und Bedürfnisse, die Kunden während ihrer Customer Journey aufweisen, unterfüttert mit Zitaten und realen Beispielen. Das erleichtert es allen kundennahen Bereichen, ihre Strategien und operativen Maßnahmen auf ihre Zielgruppen zuzuschneiden.
Die Voraussetzung dafür entsteht durch eine ausführliche Analyse des Entscheidungsprozesses von Kundentypen. Ohne eine solche Analyse sind die Maps nicht so effektiv, wie sie sein könnten.
Wichtig ist, dass eine CX Map kein abgeschlossenes Projekt ist. Mit jeder Ihrer Karten ist vielmehr ein dynamischer Prozess verbunden. Änderungen an Ihrem Produkt/Service, Anpassungen an der Website oder neue Maßnahmen im Bereich Kundenservice wirken sich automatisch auf die Customer Experience Ihrer Kunden aus. Daher sollten die Karten in regelmäßigen Abständen, zum Beispiel jedes halbe Jahr, gemeinsam im Team überprüft werden.