Die Ansätze zur Dynamisierung von Websites nehmen zu. Die Logik dahinter ist klar: Besucher*innen sollen eine Version der Website sehen, die genau auf ihre Bedürfnisse oder Interessen zugeschnitten ist. Personalisierter Content, der präzise auf User und deren Customer Journey ausgespielt wird, verbessert die Customer Experience deutlich. Dies wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der potenzielle Kunde sich für einen B2B-Anbieter entscheidet.
Die Idee hinter der Personalisierung ist immer die gleiche. Für die technische Umsetzung gibt es jedoch verschiedene Ansätze. Daher will ich einmal vier Anwendungsfälle unterscheiden:
- Dynamischer Content im Inbound Marketing
- Dynamik aufgrund des IP-Adressbereichs
- Verhaltensbasierte Dynamik
- Regelbasierte Dynamik
Dynamic Content im Inbound Marketing
Zentraler Baustein des Inbound-Marketing-Ansatzes ist das Lead Nurturing. Nachdem sich ein potenzieller Kunde für einen ersten Download registriert hat, erhält er nach und nach weitere passende Informationsangebote. Dies läuft über ein Prinzip, das an Amazon erinnert: „Wenn Ihnen dieses Whitepaper gefällt, dann wird Ihnen auch diese Infografik gefallen.
Der Lead erhält also weitere Informationen, die zu seiner Stufe im Entscheidungsprozess passen. Dahinter steht die Idee, dass der potentielle Kunde für seine Entscheidung eine definierte Auswahl an Informationen benötigt. Diese Lücke füllt der Anbieter Schritt für Schritt mit geeignetem Content.
Das passiert vor allem über E-Mails. Doch auch die Website selbst ist ein nützlicher Kanal. Zum einen funktioniert Lead Nurturing per E-Mail nur, wenn Leads meine Mails auch beachten. Zum anderen kann ich jeden weiteren Download wiederum mit einem Formular verknüpfen. Dies ermöglicht es, zusätzliche Informationen über den Lead zu sammeln.
Die Website passt sich automatisch an
Dynamischer Content wird in festgelegten Bereichen der Website ausgespielt. Beispielsweise ersetzt das Marketing Automation System einen Call-to-Action-Button (CTA) durch einen anderen, wenn Besucher:innen den angebotenen Content bereits heruntergeladen haben. Mit dem alternativen Button ergreife ich also die Chance, meine nächsten Informationen beim Lead zu platzieren und ihn damit weiter zu entwickeln.
Das funktioniert jedoch nur für diese konkrete Person (bzw. deren Rechner). Die Kolleg:innen meines Leads sehen (ebenso wie jeder andere, nicht im Inbound-Marketing-System registrierte Kontakt) die Standardseiten.
Technisch gesehen hat der Lead ein Cookie, das ihn eindeutig identifiziert. In der Datenbank ist verzeichnet, wie er oder sie bisher mit mir interagiert hat. Der dynamische Content-Bereich registriert also den User als einen bekannten Lead und spielt für die Personalisierung einen alternativen Button aus.
Dieser Vorgang hängt somit an einer konkreten Person und dem vergebenen Cookie, nicht am Verhalten auf der Website oder an anderen technischen Faktoren (wie dem IP-Bereich). Diese Faktoren werden in den anderen Ansätzen relevant.
Dynamik aufgrund des IP-Bereichs
Viele B2B-Unternehmen haben Lösungen im Einsatz, die nicht einzelne User als Besucher*in der Website ausweisen, sondern Organisationen. Beispiele wären WiredMinds, LeadProspector oder LeadForensics. Diese IP-Tracking- oder Web-Tracking-Systeme sind gerade für die Umsetzung einer Demand Generation Strategie interessant.
Im Gegensatz zu Google Analytics, das ja auch Besucher*innen auf Unternehmensebene ausweist, legen diese Tools Historien an und unterscheiden – wenn auch ohne konkrete Zuordnung zu einer Person – die unterschiedlichen Gäste. Der Vertrieb erkennt also, wie viele Personen aus einem Unternehmen sich für welche Inhalte der Website interessieren.
Diese Tools funktionieren, indem sie eine große Datenbank haben, in der IP-Bereiche Unternehmen zugeordnet werden. Die Unterschiede liegen im Aufbau der Datenbanken: Viele Tools greifen dazu auf öffentliche Bestände zurück. Da es jedoch keine Pflicht der Unternehmen gibt, ihre IP-Adressen zu publizieren und zu pflegen, ist die Qualität dieser öffentlichen Informationen mäßig.
Bessere Tool-Anbieter (wie meines Erachtens LeadForensics) überprüfen die Informationen selbst oder setzen sogar vollständig auf eigene Recherchen mit dutzenden oder gar hunderten von Mitarbeitenden. Wir haben vor einiger Zeit mal einen Test gefahren mit LeadForensics gegen Inbound-Marketing-Lösungen. Die Erkennungsrate war dramatisch besser.
Personalisierter Content ist typischer Bestandteil einer Strategie für Demand Generation. Wenn Sie darüber mehr lesen möchten, empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag „Demand Generation im B2B Marketing„. Darin erklären wir die wichtigsten Grundprinzipien, Methoden und Strategien.
Entscheidungsgremien statt einzelne Personen ansprechen
Unternehmen beim Besuch der Website zu erkennen, ist für den Vertrieb hilfreich. Diese Informationen wurden aber lange Zeit nicht genutzt, um Inhalte auf der Website auszusteuern. Einige Systeme für Account-based Marketing (z. B. DemandBase) machen genau das.
Nehmen wir einmal an, dass unsere Zielkunden Banken in Deutschland sind. Dann wäre es denkbar, dass wir Mitarbeiter*innen der Deutschen Bank, die angenommen bereits unser Kunde ist, anders auf unserer Website ansprechen wollen als jene der Commerzbank, mit der wir noch keine Kundenbeziehung haben. Alternativ wäre es auch gut zu wissen, dass die Commerzbank eine Bank und kein Pharmaunternehmen ist, so dass wir Bilder, Testimonials oder auch Texte entsprechend der Branche ausspielen. Schließlich verbessert es unsere Chancen, wenn der potenzialle Kunde erfährt, dass wir Erfahrung in seiner Branche haben und seine Sprache sprechen.
Dynamischer Content über IP-Adressbereiche zielt auf eine bessere Customer Experience ab. Gegenüber Inbound Marketing haben wir den Nachteil, dass wir den Content nicht für den individuellen Rechercheprozess bereitstellen. Aber wir haben den Vorteil, dass wir ganze Entscheidungsgremien ansprechen können und nicht auf eine Registrierung angewiesen sind.
Verhaltensbasierte Dynamik
In den Szenarien, die wir bisher betrachtet haben, kam der Impuls immer von einem externen Inbound-Marketing- oder Account-based-Marketing-System. Inzwischen ist es aber auch mit modernen Content Management Systemen (CMS) möglich, personalisierte Inhalte auf der Website auszuspielen.
Ein Beispiel ist das Content Management System Sitecore. Wir beziehen uns hier auf die verhaltensbasierte Aussteuerung oder Adaptive Personalization (Sitecore kann aber noch mehr). Das CMS analysiert, wie Besucher*innen sich durch die Seite klicken, und personalisiert aufgrund dieses Verhaltens und der Auswertung von Mustern die Folgeseiten.
Das klassische Beispiel ist: Jemand klickt auf Inhalte, die zur Entwicklungsleitung passen. Die Person erhält also auf den Folgeseiten eher Inhalte über wirtschaftliche Vorteile oder Strategien. Seine Mitarbeiterin zeigt ein anderes Klickverhalten und wird daher als Entwicklerin eingeordnet. Sie sieht dann eher Features, Funktionen und die neuesten Updates.
Auch hier haben wir es also mit einer Dynamik zur Personalisierung von Content zu tun. Diese hängt aber nicht an einem Entscheidungsprozess und nicht an externen Informationen.
Regelbasierte Dynamik
Einen anderen Ansatz will ich als „regelbasierte Personalisierung“ bezeichnen. Diese erfolgt aufgrund von technischen Parametern, z. B. Standort des Users, sein Browser oder Rechner. Sicherlich kennt das der eine oder andere: Wenn man abends mit dem iPad auf einen Online-Shop geht, sieht der anders aus als tagsüber im Büro. Dahinter stecken einfache Regeln, z. B. dass abends vor allem Frauen den Shop mit einem iPad besuchen, während Männer eher tagsüber shoppen.
Eigentlich ist die Aussteuerung aufgrund von IP-Adressbereichen, wie es ein Account-based-Marketing-System macht, auch eine Personalisierung aufgrund von technischen Parametern. Wegen der Nähe zu einer unternehmensweiten Entscheidung habe ich sie allerdings als gesonderte Aussteuerungsvariante aufgeführt.
Personalisierung konzipieren
Bei allen vorgestellten Dynamisierungsansätzen wird recht schnell klar: Diese Mechanismen zu konzipieren, ist nicht leicht. Zum einen sind die Möglichkeiten unendlich und ich muss mich als Marketer:in logischerweise auf die wichtigsten konzentrieren. Zum anderen kann ich unter Umständen die Auswirkungen einer Dynamisierung nur schwer beurteilen. Ist der Effekt positiv oder verschrecke ich meine Zielunternehmen eher?
Man darf nicht vergessen: Personalisierung ist nur dann gut, wenn man sie nicht (oder wenigstens kaum) bemerkt und Besucher:innen davon profitieren. Andernfalls fühlt sich das schnell gruselig an. Auf der Website von SiteCore wurde mir beispielsweise nach dem Klick auf den Button „Partner“ direkt angezeigt, welche Partner es in Deutschland gibt. Sicherlich hätte man mir auch gleich einen Partner in Frankfurt präsentieren können. Aber mir als Besucher wäre klar gewesen, dass das nur aufgrund der Auswertung genauer Daten möglich wird.
Für das Konzept empfiehlt sich daher folgendes Vorgehen:
- Wir entwerfen die Personalisierung in einem ersten, vernünftigen Umfang.
- Anschließend optimieren wir an den Stellen, an denen wir den größten Impact im Entscheidungsprozess sehen.
- Wir analysieren die Zahlen und optimieren weiter oder bauen auch mal eine Personalisierung zurück.
Gleichzeitig müssen wir immer daran denken, dass jeder, bei dem dynamischer Content nicht greift, immer noch ein gutes Erlebnis auf der Website haben sollte.
Beim ersten Entwurf hilft die Entwicklung interviewbasierter Buyer Personas und Buying Insights über den Entscheidungsprozess. Damit wird klar, was Besucher:innen auf der Website suchen und welche Fragen sie sich auf welcher Stufe des Entscheidungsprozesses stellen.