Viele Verkäufer:innen sehen den Kontakt zum C-Level als den ultimativen Erfolgsgaranten für die Neukundengewinnung. Am liebsten würden sie den CEO direkt anrufen und ihre Produkte und Dienstleistungen persönlich vorstellen. Registriert sich eine Geschäftsführerin oder ein Vorstand für ein Webinar oder einen Download, schrillen die Alarmglocken und die Abschlusschancen werden nach oben gesetzt. Nur verkennt diese Sicht, dass Entscheidungen in den meisten Fällen anders getroffen werden. C-Level-Manager sind weniger involviert als man gemeinhin denkt.
Führungskraft mit vielen Abkürzungen
Mit wem haben wir es zu tun? C-Level oder C-Suite, damit bezeichnet man die oberste Führungsebene, deren Jobtitel in der Regel mit einem „C“ beginnen. Hier eine kleine Auswahl für die Vielfalt an so bezeichneten Führungspositionen.
- Chief Executive Officer (CEO) als oberste Führungskraft sowie beispielsweise
- Chief Compliance Officer (CCO)
- Chief Digital Officer (CDO)
- Chief Experience Officer (CExO)
- Chief Financial Officer (CFO)
- Chief Innovation Officer (CIO)
- Chief Learning Officer (CLO)
- Chief Marketing Officer (CMO)
- Chief Operating Officer (COO)
- Chief Revenue Officer (CRO)
- Chief Sales Officer (CSO)
- Chief Technical Officer (CTO) oder sogar einen
- Chief Happiness Officer (CHO)
Menschen auf diesen C-Level-Positionen haben Entscheidungskompetenzen über neue Strategien, die Zusammenarbeit mit Partnern und Dienstleistungen sowie hohe Budgets für Investitionen. Daneben verantworten sie das operative Geschäft in den jeweiligen Abteilungen, Sparten und Bereichen.
So zeichnet der Chief Technology Officer z.B. für die IT-Organisation, deren Strategien sowie den Betrieb der IT (Software, Hardware, Netzwerke) des Unternehmens verantwortlich. In der Regel bezieht man sich auf diese Führungspersönlichkeiten des C-Levels über die jeweilige Abkürzung. C steht bei diesen Berufsbezeichnungen für „Chief“, dann folgt der Verantwortungsbereich und der Buchstabe „O“ bedeutet „Officer“.
Es ist unschwer zu erkennen, dass diese Bezeichnungen für C-Level Manager aus dem englischsprachigen Raum zu uns „rübergeschwappt“ sind und keine offiziellen Bezeichnungen sind. In der offiziellen Korrespondenz im deutschen Sprachraum bleiben also Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender oder Aufsichtsrat immer noch gängig.
Werben um den C-Level
Da der C-Level vermeintlich am wichtigsten ist, ist der Werbekontakt mit ihnen auch am teuersten. Dementsprechend stehen die Positionen auf dem C-Level im Fokus von Marketing, Vertrieb und auch Marktforschung.
Schaut man sich die Preise an z. B. bei LinkedIn, dann steigen diese entsprechend des Organigramms. Je höher die Position, desto höher sind die Preise für’s Ausspielen. Umgekehrt: Wenn Sie nicht diese Einschränkung auf die Top-Führungskräfte machen bzw. eine mittlere Führungsebene anvisieren, sparen Sie Geld. Eigentlich logisch, denn die Werbeplattformen wissen, wessen Aufmerksamkeit mehr wert ist und wen die Werbetreibenden am liebsten erreichen wollen. Aber noch ein anderer Effekt tritt als Daumenregel zutage: Je höher eine Führungskraft in der Hierarchie ist, desto weniger bewegt sie sich auf sozialen Medien und vor allem, desto weniger wird sie klicken. Natürlich kennt auch ein Chief Data Officer (CDO) oder ein Chief Marketing Officer die Konsequenz eines Klicks oder gar einer Registrierung.
C-Level-Management im Entscheidungsprozess
Für Anbieter stellt sich allerdings die Frage, ob sich diese CxO Manager:innen überhaupt für ihre Produkte oder Dienstleistungen interessieren. Dazu müssen diese Angebote strategisch sein, das investierende Unternehmen also fundamental voranbringen (oder vor Schlimmem bewahren). Schließlich sind diese C-Level-Führungskräfte das Tagesgeschäft ständig für die großen (und auch mal die kleinen) Herausforderungen des Unternehmens zuständig. Zugleich verantworten sie mehrere strategische Projekte. Es ist leicht vorstellbar, wie stark deren Kalender ausgebucht sind.
Nehmen wir ein Admin-Tool für die Verwaltung von Speicherressourcen in Rechenzentren. Wird der Chief Information Officer, also die oberste Führungskraft für die IT sich en détail beschäftigen? Das ist zu bezweifeln. Aber vielleicht ist es der CISO, der Chief Information Security Officer, der hier ein potenziell hohes Sicherheitsrisiko sieht. Dann wird er oder sie sich dem eventuell annehmen. Wahrscheinlicher ist es aber, dass ein Mitarbeiter im mittleren Management sich diesem Vorhaben annimmt.
Frust im Vertrieb
Hinter dem Wunsch nach Kontakt zu C-Suite oder CxO steht meist die frustrierende Erfahrung, dass der Verkauf der eigenen Produkte kein Selbstläufer ist.
Dafür gibt es verschiedene Gründe:
- Entscheidungen werden immer komplexer. Einzelne Personen – auch nicht der C-Level – verstehen nicht die Vorteile und die Auswirkungen.
- Unternehmen werden partizipativer: Eine Entscheidung von oben wird weit weniger akzeptiert, als dies früher der Fall war. Ein Durchregieren lassen sich die Mitarbeiter:innen nicht mehr gefallen. Dieser Trend nimmt mit jeder neuen Generation an den Entscheidungshebeln zu: So wird der Generation Z ein großer Wunsch nach Beteiligung aller nachgesagt.
- Entscheidungskompetenzen werden zunehmend von der IT-Abteilung an die Fachbereiche verlagert. Nur weil die neue Investition eine Software ist, bedeutet dies nicht, dass der IT-Leiter mehr als eine beratende Rolle einnimmt. Dies gilt insbesondere für Software-as-a-Service-Lösungen, bei denen der Betrieb der Software die IT-Abteilung nicht belastet, da dieser zum Produktanbieter oder einem Service-Provider ausgelagert ist.
Die Rolle z.B. des CEO, CFO, CIO, CxO in der Buyer’s Journey
Neben geschäftsführenden Aufgaben hat ein CEO vor allem eine Aufgabe: Neue wegweisende Strategien entwickeln, vorgeben, umsetzen und das Unternehmen im Wettbewerb vorantreiben. Dies ist eine echte Herausforderung. Jede einzelne Abteilung will etwas von der Top-Führungskraft, jeder Bereich reportet Zahlen und will Aufmerksamkeit. Da bleibt für die Arbeit in Entscheidungsgremien wenig Zeit. CEO müssen also streng auswählen, in welchem Projekt sie sich wie stark beteiligen.
In der Regel stoßen Geschäftsführer:innen also neue Themen bzw. Projekte an, definieren ihre grundsätzlichen Vorstellungen sowie Ziele und ziehen sich dann wieder zurück. Eventuell geben Sie eine Empfehlung ab für eine Lösung, wenn sie eine solche selbst bekommen haben oder diese zur Gesamtstrategie passt. Die Recherche und erste Bewertung der Alternativen sowie die Einengung auf einzelne Anbieter auf der Shortlist. Eventuell lassen sie sich zwischendurch einmal informieren, aber normalerweise stoßen Sie erst in der Entscheidungsphase wieder zum Entscheidungsgremium dazu.
Selbstverständlich gibt es hier noch einmal Unterschiede, denn das Engagement beispielsweise eines Chief Human Relations Officers (CHRO) oder eines Chief Process Officers (CPO) hängt auch am strategischen Gewicht einer Beauftragung oder einer Investition. Es kann also sein, dass die Unternehmensleitung das Projekt zwar anstößt, aber danach wenig in der Auswahl einmischt und die Kolleg:innen „machen lässt“.
Der US-amerikanische Unternehmer Alan Weiss hat in einem seiner Bücher mal darüber geschrieben, welchen Umsatz er mit HP erzielt hat (wir reden sicherlich von siebenstelligen Beträgen) und was sein Ansprechpartner auf seiner Visitenkarte stehen hatte. Definitiv kein „C“. Da würde manch einer gar nicht erst anrufen.
Buying Center als Fokus für den Vertrieb
Typischerweise verabschieden Entscheidungsgremien Investitionen. Hier treffen sich in der Regel Fachverantwortliche mit Kollegen mit technischem Knowledge sowie Vertreter:innen von Anwenderseite. Hinzu kommen weitere Funktionen wie Einkauf, Rechtsabteilung oder Compliance-Teams. In diesen Kompetenzteams bringe alle Beteiligten ihre Sicht ein. Diese einigen sich auf den Vorsitz, die jeweiligen Rollen und die Spielregeln. Die Größe des Buying Centers variiert und wächst mit der Größe des Unternehmens. Formal gehört ein C-Level-Manager häufig dazu, aber wie beschrieben wird diese/r eher am Anfang und am Ende des Kaufprozesses sich aktiv einbringen.
Je größer und komplexer ein Unternehmen ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass ein Mitglied der C-Ebene – z. B. der Chief Executive Officer (CEO) – seriös einschätzen kann, welche Auswirkungen seine Entscheidung auf die betroffenen Abteilungen und Bereiche haben wird.
Stellen Sie sich z. B. vor, ein 500 Mitarbeiter starkes Maschinenbauunternehmen überlegt, eine neue, kostspielige Software zu implementieren. Diese Software soll die Prozesse im Shopfloor, d. h in der Fertigung, verbessern. Also in einem Bereich, mit dem die wenigsten auf der Führungsebene Berührungspunkte haben.
Das Marktanalyseunternehmen CEB (früher: Gartner) hat herausgefunden, dass im Durchschnitt 6,8 Personen an der Entscheidungsfindung in einem Unternehmen beteiligt sind. Selbstredend haben nicht alle den gleichen Einfluss auf die finale Entscheidung. Für die meisten B2B-Anbieter kann jedoch jeder dieser (Mit-)Entscheider interessant sein.
C-Level oder mittleres Management?
Ob es sich lohnt, eine Person aus dem mittleren Management auf Ihre Seite zu ziehen, lässt sich nicht pauschal sagen. Grundsätzlich sollten Sie sich zwei Fragen stellen:
- Welche Beweggründe hat dieser mittlere Manager, um mit Ihnen als Anbieter zusammenzuarbeiten?
- Und welche Rolle kann er in dem Beschaffungsprozess einnehmen? Ist er Entscheidungsvorbereiter, Entscheidungsträger oder Entscheidungsbeeinflusser?
Mittelmanagement sticht C-Level
In all diesen Fällen lohnt sich der Kontakt mit dem mittleren Management. Der eine oder die andere Führungskraft dürfte eine Investition oder eine Beauftragung intern fördern. Sie sind gerade in den ersten Phasen des Entscheidungs- bzw. Beschaffungsprozesses wichtig: Sie identifizieren ein Problem oder ein Optimierungspotenzial, sie recherchieren vorab oder sind der Entscheidungsvorbereitung beteiligt, wenn sie nicht sogar selbst (mit-)entscheiden.
Sie sehen: Das mittlere Management zu verschmähen, ist wenig zielführend. Zumal es Entscheidungen bis zu einer bestimmten Budgetgrenze oftmals alleine treffen kann. Geht es um höhere Budgets und Entscheidungen, die strategisch relevant für das ganze Unternehmen sind, wird sicherlich auch der C-Level involviert. Aber der mittlere Manager hat stets eine wichtige Rolle in der Beschaffung. Nehmen Sie den Kontakt auf, wenn er es nicht von sich aus tut!
Die C-Suite ansprechen
Was bedeutet das alles also für Ihre tägliche Arbeit:
- Die C-Level Führungskraft stößt Entscheidungen eher an, statt an jedem Schritt in der Buyer’s Journey beteiligt zu sein. Aber es ist wahrscheinlich, dass dieser „Officer“ zum Beschluss mit am Tisch sitzt und ökonomischer Entscheider ein gehöriges Wort mitredet. Auch wenn er oder sie sich vermutlich auf die Expertise der Fachleute vertraut.
- Vermutlich sind andere Personen im Unternehmen wichtiger als Kontakt – vor allem wenn Ihr Produkt keinen strategischen Charakter für die meisten Unternehmen hat (was echt nicht schlimm ist).
- Mit Kampagnen, die sich explizit an das C-Level richten, können Sie eine Menge Geld verbrennen. Überlegen Sie sich das zweimal. Oder verteilen Sie Ihr Budget wenigstens und setzen Sie nicht nur auf Personen mit dem Buchstaben C auf der Visitenkarte.