Aktuell treibt viele Marketing-Teams eine Frage um: Sollen sie ihre Inhalte mit einer Registrierungsschranke versehen oder nicht? Übersetzt in Marketing-Begriffe heißt das: Gated oder Ungated Content?
Lead Generierung: Content hinter der Paywall
Gated Content sind Inhalte, die User nur erhalten, nachdem sie sich registriert haben. Das kann ein Whitepaper, ein E-Book, ein Excel-Tool oder auch ein Webinar sein. Die Inhalte mit Mehrwert sind also hinter einem Formular versteckt. Die Formel lautet: Content gegen Daten.
Wenn Sie Ihre Inhalte mit einer Registrierung versehen, müssen potenzielle Kunden auf einer Landing Page persönliche Daten angeben, um auf den gewünschten Content zuzugreifen. Mindest-Angaben sind in der Regel der Name und die E-Mail-Adresse der Nutzer:innen. Häufig werden darüber hinaus qualifizierende Angaben für den Sales abgefragt (Entscheidungshorizont, Telefonnummer mit Durchwahl, Position im Unternehmen o. ä.).
Ein Klick auf den Call-to-Action-Button überträgt die Daten an das Marketing-Automation-System des Anbieters. Damit ähnelt der Download eines Dokuments einem Online-Kauf – und die Schranke einer Paywall. User zahlen mit ihren Daten.
Anschließend landen die Leads in einem Funnel und erhalten regelmäßig per E-Mail weitere Inhalte. Vor dem Zugriff ist meistens erneut ein Formular auszufüllen, damit der Anbieter immer mehr über die Entscheider:innen und deren Buyer’s Journey lernt. Die Content-Elemente dienen jeweils der Entscheidungsvorbereitung, sodass Mitglieder des Buying Centers
- die Investitionsbedingungen verstehen,
- Alternativen gegeneinander abwägen können,
- Wissen aufbauen und
- am Ende entscheidungsfähig werden.
Ungated Content als Alternative im Content Marketing
Nicht-zugangsbeschränkte Inhalte, Ungated Content, sind für jeden frei zugänglich. Es gibt keine Barriere zwischen Publikum und Inhalt. In der Regel gelangen Interessent:innen über Suchmaschinen, Anzeigen oder Social-Media auf die freien Inhalte. Das können Blogtexte, längere Online-Fachbeiträge, Tool-Beschreibungen oder andere Webunterseiten sein, die nicht rein werblich sind und fachliche Aspekte erläutern. Inzwischen gehen diese freien Inhalte in einem vergleichbaren Maße ins Detail, wie es bei registrierungspflichtigen Inhalten der Fall ist.
Der Vorteil dieses Vorgehens ist, dass mehr Personen die Inhalte sehen. Das sollte im Interesse aller Anbieter sein, denn die Erstellung von Content ist aufwendig. Eine größere Verbreitung erhöht sowohl die Effektivität als auch die Effizienz des Content Marketings.
Vor- und Nachteile von Gated Content
Die Bereitschaft, sich für Downloads zu registrieren, ist in den letzten Jahren branchenübergreifend gesunken. Der Grund dafür ist, dass immer mehr Unternehmen auf Inbound Marketing setzen, um ihre Zielgruppe zu erreichen.
Erfolg und Verbreitung von Inbound Marketing haben eine Kehrseite: Die Entscheider:innen vermeiden es, sich zu registrieren, weil sie Anrufe vom Vertrieb fürchten. Zugleich werden sie bei ihrer Recherche immer häufiger in frei zugänglichen Quellen fündig, da viele Anbieter ihre Inhalte ohne Registrierung anbieten.
Leads meiden Gated Content
Es ist naheliegend, dass potenzielle Kunden Ungated Content bevorzugen. Sie geben nur ungern persönliche Daten preis, um auf Inhalte zuzugreifen. Sie tun das nur, wenn sie unbedingt müssen, weil sie diese werthaltigen Informationen sonst nicht oder nur schwer finden können.
Das ist immer seltener der Fall. Entscheidungsrelevante Inhalte stehen zunehmend kostenlos und registrierungsfrei offen, sei es via
- Soziale Medien wie LinkedIn,
- Podcasts,
- Videos auf Plattformen wie YouTube,
- Live-Veranstaltungen (Konferenzen, Barcamps oder andere Events),
- Communities und Foren,
- Blogs oder
- Fachzeitschriften.
Hinzu kommen Angebote, bei denen man sich zwar registrieren muss – aber nicht bei den Produktanbietern. Ein Beispiel sind Webinare, die von Fachmedien veranstaltet werden, oder Plattformen wie Brighttalk. Bei diesen ist es zumindest teilweise möglich, sich zu registrieren und dabei auszuschließen, dass die eigenen Daten an die Unternehmen weitergegeben werden, die diese Webinare buchen.
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Gated vs. Ungated Content ist eine strategische Entscheidung
Die Entscheidung, ob Sie Ihre Inhalte mit oder ohne Schranke versehen, ist strategischer Natur. Gated Content wird in der Regel für die Lead-Generierung verwendet, während registrierungsfreier Content häufig in Demand Generation-Strategien zum Einsatz kommt.
- Inbound Marketing will mit Inhalten qualifizierte Leads generieren (Content gegen kostenlose Registrierung).
- Demand Generation zielt darauf ab, dass Menschen Ihre Inhalte leicht konsumieren können und eine Affinität zu Ihrer Marke entwickeln. Ein Kern des Ansatzes ist, dass Inhalte ohne Registrierung nutzbar sind. Sie werden stattdessen zielgerichtet über Kanäle wie Social Media, Podcasts und Webinare verbreitet, um Communities aus potenziellen Kunden aufzubauen.
Genau wie beim Inbound Marketing geht es bei Demand Generation darum, Menschen beim Entscheiden zu helfen. Allerdings erhalten potenzielle Kunden die Möglichkeit, sich selbstständig und weitestgehend anonym zu informieren. Sie können sich z. B. in den sozialen Medien und Foren austauschen oder in einem offenen Format wie einer Office-Hour Fragen klären.
Wenn Sie wissen möchten, wie Nachfragegenerierung funktioniert, empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag Demand Generation im B2B Marketing. Darin erklären wir die wichtigsten Grundprinzipien, Methoden und Strategien.
Gated Content schafft an sich keine Nachfrage. Der Zugang ist für die Mehrheit Ihres Publikums eingeschränkt. Die Freigabe von Inhalten ermöglicht es Ihren Kunden, diese in vollem Umfang zu konsumieren – ohne Gegenleistung. Dadurch können Sie außerdem von Suchmaschinen indiziert und eingestuft werden, was mehr Traffic anlockt und Usern ein leichteres Inhaltserlebnis bietet.
Der Wettbewerb um Kunden wird Unternehmen künftig zwingen, Content registrierungsfrei anzubieten. Wenn die Konkurrenz freigiebiger ist als Sie, bedienen die potenziellen Kunden sich bei den Mitbewerbern und ignorieren Ihre Landing Pages.
Messbarkeit und Nachvollziehbarkeit preisgeben
Natürlich hat Ungated Content auch Nachteile. Wenn Ihre Inhalte frei verfügbar sind, generieren Sie zum Beispiel keine Leads. Sie können daher nicht nachvollziehen, wer sich gerade mit einer Investition bzw. einer Beauftragung beschäftigt. Zudem wissen Sie nicht, an welcher Stelle der Buyer’s Journey sich ein potenzieller Kunde befindet.
Marketing-Abteilungen versuchen oft, weitere Kennzahlen zu erheben, die ihre Anstrengungen bzw. Investitionen rechtfertigen. Dazu zählen Seitenaufrufe, Webseitenbesuche, Video-Sessions, geöffnete E-Mails oder andere Interaktionen. Wenn man vorher keine Registrierung verzeichnen konnte, lassen sich diese sekundären Messwerte allerdings nicht auf die generierten Kontakte beziehen. Welche Maßnahme zu einem gewonnenen Kunden wie stark beigetragen haben, lässt sich so nicht bestimmen. Das ist der Haken am Ungated Content.
Warum Anbieter Inhalte freigeben
Anbieter entscheiden sich in erster Linie für Gated Content, um Leads zu erfassen. Sie tun dies, weil sie Marketing-Anstrengungen an gewonnenen Kontakten messen. Um erfolgreich zu sein, müssen Marketer:innen dementsprechend möglichst viele Kontaktinformationen liefern. Andernfalls verfehlen sie ihre Ziele und beeinträchtigen schlimmstenfalls ihre Karrierechancen.
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass das Ziel des Marketings nicht die Generierung von Kontaktdaten ist. Es geht darum, Kunden zu gewinnen und Umsätze zu steigern. Der Grund für die Erstellung von Inhalten sollte nicht allein darin bestehen, die Marketingziele zu erreichen und eine bestimmte Lead-Anzahl zu erreichen.
Das Marketing muss sich von dieser Denkweise verabschieden. Inhalte sollten nur dann beschränkt werden, wenn dies einen effektiven Beitrag zur Neukundengewinnung leistet.
Fazit
Kunden sind nun mal, wie sie sind. Sie wollen sich nicht (oder zumindest seltener) registrieren und sich weniger tracken lassen. Wir können sie nicht dazu zwingen. Ungated Content wird sich daher über kurz oder lang auch in Deutschland durchsetzen.
Für das Marketing bringt das neue Herausforderungen. Neukundengewinnung wird komplexer und schwerer messbar, da weniger Daten und Leads zur Verfügung stehen. Umso wichtiger ist es, Content Marketing gezielt auf die Anforderungen potenzieller Kunden zuzuschneiden und die Zusammenarbeit mit dem Vertrieb zu intensivieren. Das sind zwei der wichtigsten Erfolgsbausteine, um den Paradigmenwechsel im Content Marketing zu schaffen.