Demand Generation vs. Lead Generation -so lassen sich derzeit viele Diskussionen über die richtige Strategie für B2B Online Marketing zusammenfassen. Was beide Ansätze unterscheidet und welcher davon sich in welchen Szenarien eignet, schauen wir uns in diesem Beitrag genauer an.
Was ist Lead Generation?
Lead Generation (auch: Lead-Generierung, Leadgenerierung) zählt seit Jahren zu den verbreitetsten Marketingstrategien. Methoden wie Inbound Marketing (nach der Idee des Software-Anbieters HubSpot) wollen Kontakte in potenziellen Kundenunternehmen, die sich gerade mit einer Kaufentscheidung befassen, möglichst früh zu einer Registrierung bewegen und fortan via Lead Nurturing bzw. Lead Management über den gesamten Entscheidungsprozess hinweg bearbeiten. Ziel ist eine möglichst hohe Zahl an qualifizierten Leads für den Vertrieb.
Typische Werkzeuge sind:
- Content (v. a. Whitepaper, Guides & E-Books)
- Social Media Marketing
- Suchmaschinenoptimierung
- E-Mail-Marketing
- Lead Nurturing & Lead Scoring mithilfe von Marketing-Automation-Systemen
Lead Generation fokussiert sich darauf, interessante Kontakte gezielt durch den Marketing- und Sales-Funnel zu führen. Es richtet sich weniger an Bestandskunden, sondern will neue Personen erreichen, die dann aktiv in der Buyer’s Journey unterstützt werden.
Was ist Demand Generation?
Demand Generation (Nachfragegenerierung) ist eine Marketingstrategie, die u. a. vom US-Amerikaner Chris Walker (Geschäftsführer von Refine Labs) geprägt wurde. Sie zielt darauf ab, die Nachfrage nach Produkten oder Dienstleistungen mithilfe frei zugänglicher, entscheidungsrelevanter Inhalte zu fördern und eine Community aus Menschen aufzubauen, die sich für die Themen des Anbieters interessieren. Im Wesentlichen geht es darum, die Expertise des Anbieters „erlebbar“ zu machen (Thought Leadership), Beziehungen zu potenziellen Kunden (sowie Bestandskunden) aufzubauen und diese sorgsam zu pflegen.
Typische Werkzeuge sind:
- Content (v. a. Videos, Webinare, Podcasts, Case Studies & Fachbeiträge in Magazinen)
- Social Selling & Marketing (v. a. auf LinkedIn)
- Account-based Marketing (ABM)
- Performance Marketing
- Suchmaschinenoptimierung
Demand Gen ist langfristig ausgelegt. Es richtet sich im Gegensatz zu Lead Gen nicht nur an Kunden, die sich derzeit mit einer Kaufentscheidung befassen, sondern will Personen animieren, in eine Buyer’s Journey zu starten (klassische Nachfragegenerierung). Dazu richtet es sich auch an Entscheider:innen, die möglicherweise erst in einigen Monaten oder Jahren bereit für den Sales Funnel sind, bei denen das Thema aber latent ist („Wir müssen uns irgendwann mal um dieses Problem kümmern…“).
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Im Prinzip ist Demand Gen eine Reaktion auf die Probleme, die Anbietern bei der Lead Generation begegnen. Die Conversions sind in einigen Branchen so niedrig geworden, dass Marketingaktivitäten, die einer Inbound-Logik folgen, dort kaum noch Sinn ergeben.
Diese Entwicklung hat mehrere Gründe. Zum einen haben viele Menschen schlechte Erfahrung mit Registrierungen gesammelt, z. B. in Form eines Reigens von E-Mails oder, noch nerviger, ständigen Anrufen vonseiten des Sales. Zum anderen gibt es zu manchen Themen heute derart viel Content, dass eine Registrierung gar nicht nötig ist. Die Informationen gibt es an anderer Stelle auch ohne Schranke.
Was sind die Hauptunterschiede zwischen Demand Generation und Lead Generation?
Demand Gen und Lead Gen sind Strategien, mit denen Anbieter ihrer Zielgruppe beim Entscheiden helfen. Unternehmen veröffentlichen Content-Bausteine, die sich inhaltlich an den Anforderungen in der Customer Journey ausrichten, pflegen den Kontakt zu potenziellen Kunden aktiv und nutzen dafür alle Kanäle, die aus ihrer Sicht Sinn ergeben. Es gibt jedoch grundlegende Unterschiede zwischen beiden Ansätzen. Die wichtigsten sind:
- Fokus: Lead Generation richtet sich an Personen in Unternehmen, die sich mit einem Produkt oder einer Dienstleistung aktiv befassen. Diese Leads sollen in einem überschaubaren Zeitraum durch den Vertriebstrichter geführt und an den Sales übergeben werden. Demand Generation umfasst hingegen ein breiteres Spektrum an Absichten: Es will eine Community aufbauen, deren Mitglieder nicht zwangsläufig direkt kaufbereit sind, und zielt mehr darauf ab, Interesse zu fördern, statt vertrieblich jede noch so geringe Chance zur Kontaktaufnahme zu nutzen. Dazu konzentriert es sich stärker auf Bestandskunden.
- Ziele: Lead-Generation will neue Kontakte gewinnen. Diese Leads sind aber erstmal nicht viel mehr als Personen, über die das Marketing Informationen sammelt. Daraus wird dann abgeleitet, dass es sich um Interessent:innen handelt (was häufig ein Fehlschluss ist). Demand Generation strebt hingegen Opportunities an, d. h. Unternehmen, die tatsächlich über das Angebot reden möchten. Es geht also nicht darum, eine Person möglichst früh als Lead in eine Datenbank zu bringen. Stattdessen bauen Anbieter Vertrauen auf und schaffen die Grundlagen für einen erfolgreichen Abschluss.
- Content Marketing: Lead Generation nutzt registrierungspflichtige Inhalte (Gated Content) wie Whitepaper, um Kontaktdaten (v. a. E-Mail-Adressen) zu generieren. Im Gegensatz dazu setzt Demand Gen auf registrierungsfreien (Ungated) Content. Zwar kann es sein, dass die Teilnahme an Events wie Webinaren eine Anmeldung erfordert. Die Generierung von Leads steht aber ebenso wenig im Mittelpunkt wie deren aktive Bearbeitung in Form von Lead Nurturing.
- Dateneinsatz: Demand Generation wird an KPIs gemessen, die Aufschluss über den Beitrag der Marketingmaßnahmen an Umsatz und Vertriebs-Performance geben. Hinzu kommen indirekte Informationen (Webseitenbesuche eines Unternehmens, Abrufzahlen von Podcasts & Videos), die Aufschluss über die Relevanz des Contents abschätzen kann. Da es auf Registrierungen und aktives Nurturing verzichtet, entstehen für die kundennahen Bereiche insgesamt jedoch weniger Daten. Im Rahmen der Lead Generation sammeln Anbieter deutlich mehr personenbezogene Informationen, die Aufschluss über das Verhalten der Leads geben sollen. Diese unterliegen jedoch zunehmend technischen Einschränkungen und sind teilweise mit Vorsicht zu genießen (siehe Kasten).
Lead Generation ist auch deswegen so beliebt, weil sie als hochgradig messbar gilt. In diesem Kontext begegnen Ihnen zwei Stolperfallen:
1. Es besteht die Gefahr, in der Masse an Informationen den Überblick zu verlieren. Wer zu viele Metriken gleichzeitig verfolgt, tut sich schwer, die richtigen Hebel zu bedienen.
2. Das Marketing wird oft an Kennzahlen gemessen, die nur bedingt Aufschluss über den Erfolg der Marktbearbeitung geben (Vanity Metrics). Klassisch ist z. B., sich auf die Zahl der generierten Leads (MQLs, SQLs etc.) zu fokussieren, ohne deren Qualität ausreichend zu berücksichtigen. Eine Mailingliste mit Kontakten, von denen nur wenige konkretes Interesse an Ihrem Produkt oder Ihrer Dienstleistung haben, bringt Ihren Sales nicht weiter.
Darüber hinaus beobachten wir, wie sich das Entscheidungsverhalten von B2B-Kunden verändert. Den Kauf eines Produktes oder die Buchung einer Dienstleistung bereiten Menschen immer häufiger im sogenannten „Dark Social“ vor. Sie informieren sich über frei zugängliche Quellen, sprechen mit Kolleg:innen und Bekannten, durchstöbern ihr Netzwerk und sind – Sie ahnen es – noch schwerer zu „packen“. Darauf reagiert Demand Gen, indem es den Gewohnheiten bzw. Vorlieben der Zielgruppe folgt und beim Wissensaufbau hilft, ohne eine Gegenleistung in Form von Daten zu verlangen.
Demand Generation wird oft als Ansatz beschrieben, der sich auf die oberen Bereiche des Funnels konzentriert. Das mag stimmen. Themen wie Markenbekanntheit sind wichtige Ziele für die Nachfragegenerierung. Was Content-Marketing betrifft, sollte sich Ihr Fokus aber trotzdem nicht auf den Top of the Funnel beschränken. Neben Inhalten, die Grundprobleme beschreiben oder allgemeine Begriffe erläutern, braucht es Informationsangebote für die späteren Phasen im Entscheidungsprozess. Zum Beispiel Content, der Ihrer Zielgruppe hilft, Themen und Lösungen einzuordnen (Sense Making), Anbieter zu vergleichen oder Lösungen weiter voranzutreiben. Auf diese Weise bauen Sie bei Kunden Vertrauen auf.
Welche Strategie eignet sich für welches Szenario?
Sowohl Lead Generation als auch Demand Generation eignen sich für Anbieter, deren Zielkunden bei der Auswahl von Produkten oder Services einen längeren, recherchelastigen Entscheidungsprozess durchlaufen. Es sind Unternehmen, die sich ausgiebig über die Vor- und Nachteile ihrer Optionen informieren, Anbieter vergleichen und sich im Team (Buying Center) darüber abstimmen, welche Lösung ihren Zwecken am besten dient.
Welcher der beiden Ansätze zu Ihnen passt, hängt vor allem vom Informationsangebot ab, das zu Ihren Themen existiert:
- Der Prozess der Lead Generation ist effektiv, wenn zu Ihrem Thema wenig bis gar kein Content zu finden ist. Sind Ihre Inhalte tatsächlich relevant, hochwertig und vor allem einzigartig, lohnt es sich aus Kundensicht weiterhin, dafür ihre persönlichen Daten herzugeben. Diese Kontakte können Sie dann via Lead Management und Nurturing bearbeiten.
- Demand Generation Marketing hilft Anbietern aus sehr stark umkämpften Märkten, in denen der Einsatz von Gated Content keinen Sinn mehr ergibt. Genauso eignet es sich für Anbieter, die sich (oder einzelne Personen) als Thought Leader positionieren wollen oder deren Lösungen neu sind und von der Zielgruppe zunächst verstanden werden müssen. Funktionieren kann es außerdem für Produkte, über die Kunden sich gerne gründlich und ohne Druck informieren, obwohl die eigentliche Entscheidungsphase nicht besonders lang ist.
Wenn Sie unsere Seite durchstöbern, stoßen Sie schnell auf einen weiteren strategischen Oberbegriff: Customer-led Growth (CLG). Mit diesem Ansatz schaffen wir sowohl für Lead Gen als auch Demand Gen eine solide Basis in Form von Kundenwissen. Um eine Zielgruppe zu verstehen, setzen wir einerseits auf eine Analyse des Buying Centers, andererseits auf Interviews mit Kunden, die sich vor Kurzem für oder gegen Sie entschieden. Diese werden mit der Jobs-to-be-Done-Methode oder dem Buyer Persona Ansatz von Adele Revella ausgewertet. Die Erkenntnisse – transparent aufgeschlüsselt in Customer Journey Maps – geben u. a. Aufschluss darüber, wie Kunden entscheiden, welche Arten von Inhalten sie dafür brauchen und was sie von einem Anbieter erwarten.
Schließen sich beide Konzepte im B2B Marketing aus?
Marketer sollten beide Ansätze nicht dogmatisch betrachten. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, sie zu kombinieren. Anbieter können beispielsweise versuchen, mithilfe eines Whitepapers neue Leads zu generieren und parallel Kundenbeziehungen über frei zugänglichen Content zu pflegen. Das kann ein Webinar sein, in dessen Rahmen Teilnehmer:innen Fragen stellen und Feedback geben können. Oder personalisierte E-Mail-Kampagnen, die so weit wie möglich auf die Präferenzen des Kontaktes zugeschnitten sind.
Fazit: Lead-Generierung und Demand Gen
Fassen wir nochmal zusammen:
- Lead-Generierung zählt in Deutschland zu den verbreitetsten Marketingstrategien. Anbieter setzen dabei auf registrierungspflichtige „Lead-Magneten“, die von potenziellen Kunden via Suchmaschinen oder Social Media entdeckt und heruntergeladen werden können. Die so generierten Leads werden im Lead Management qualifiziert, bis sie für die Übergabe an das Vertriebsteam geeignet sind.
- Demand Generation ist ein junges Konzept aus den USA und eine Reaktion auf die Probleme in der Online-Lead-Generierung. Um Nachfrage zu generieren, setzen Firmen auf den Aufbau einer Community, die ihre Expertise schätzt und ihnen aktiv folgt. Die Herausforderung dabei ist, Inhalte zu erstellen, die alle Anforderungen in der Customer Journey erfüllen und sich dafür eignen, mit Kontakten in Dialog zu treten.
- Welcher der Ansätze sich für welches Szenario eignet, hängt vor allem vom Informationsangebot am Markt ab. Auch die Ressourcen des Unternehmens spielen eine Rolle: Wem die Expertise für Formate wie Podcasts oder Webinare fehlt, wird sich eventuell schwer tun, Demand Generation intern umzusetzen.