Buyer Personas genießen in B2B-Unternehmen nicht den besten Ruf. Zu Recht und zu unrecht. Richtig ist, dass Buyer-Persona-Templates für Marketing und Vertrieb wenig Mehrwert bringen. Was eine Buyer Persona tatsächlich ist und welche Fehler Sie bei der Erstellung vermeiden sollten, lesen Sie in diesem Beitrag.
Warum ein Buyer Persona Template wenig nutzt
Der Begriff „Buyer Persona“ zählt im B2B-Online-Marketing (und generell im Bereich der Marktforschung) seit einigen Jahren zu den Buzzwords. Kein Wunder: Eine gute Buyer Persona ist ein wirksames Werkzeug, mit dem Marketing und Sales
- die Kaufentscheidungsprozesse, Denkweise und Motivation ihrer Kunden besser verstehen,
- darauf aufbauend ihre Strategien und Vorgehensweisen planen sowie
- Content und die Kommunikation mit potenziellen Neukunden bzw. Leads entwickeln.
Gleichzeitig gibt es im Online-Marketing kaum einen Begriff, der derart häufig missverstanden wird. Aus diesem Grund sind viele Buyer Personas leider kaum einen Pfifferling wert.
Viele Unternehmen orientieren sich bei der Erstellung ihrer Buyer Persona(s) an Online-Quellen, die Fehlinformationen und Missverständnisse verbreiten. Dazu zählt, eine Buyer Persona (teils auch: Customer Persona) ließe sich mithilfe von Templates erstellen, die man kostenlos im Internet herunterladen kann.
Mit dem ursprünglichen Konzept der Buyer Persona haben die Informationen, die über Kunden in solchen Templates eingetragen werden, wenig gemeinsam. Ganz zu schweigen von dem geringen Nutzen, den eine Template-basierte Buyer Persona für das Marketing und den Vertrieb eines B2B Unternehmens bringt.
Zumeist handelt es sich dabei um fiktive Zielpersonen mit Charaktereigenschaften, Hobbys und Familien. Mit diesen Informationen erhalten weder Marketing noch Sales im Business-to-Business eine praktische Hilfe.
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Einspruch mancher Marketingteams: Persona Templates helfen, die Zielgruppe im Auge zu behalten
Der wichtigste Einspruch gegen diese Position lautet: Bei der Content-Erstellung helfen die in der Buyer-Persona-Vorlage zusammengefassten Faktoren, die Zielgruppe im Auge zu behalten. Dagegen sprechen jedoch zwei Gründe:
- Im Berufsleben unterscheiden sich Menschen weniger als in einer privaten Rolle. In unseren Projekten sehen wir z. B. bezüglich des Alters und dem Job-Titel geringe Unterschiede zwischen den Personen. B2B-Entscheidungsprozesse ändern sich nicht, weil jemand in einer anderen Lebensphase steckt.
- Wer Content für jedes Mitglied des Entscheidungsgremiums erstellen will, darf sich nicht über den geringen Return of Marketing Investments (ROMI) beschweren. Vielleicht bevorzugt die jüngere Generation eine lockere oder gendergerechte Sprache, während Ältere es eher förmlich mögen. Deshalb aber jeden Inhalt mehrfach zu erstellen, ist für die meisten Unternehmen wirtschaftlich nicht leistbar.
Was ist eine Buyer Persona?
Um zu verstehen, warum Buyer-Persona-Templates keinen Mehrwert haben, hilft ein Blick auf eine korrekte Begriffsdefinition. Sie stammt aus einem Blogbeitrag des US-Amerikaners Tony Zambito, der weltweit zu den renommiertesten Buyer-Persona-Experten zählt:
Im Grunde enthält jede Buyer Persona also eine „Buyer’s Story“ über die Kaufentscheidung eines Kunden. Möchten Sie diese Entscheidung künftig zu Ihren Gunsten beeinflussen, braucht Ihr Team folglich Informationen darüber, wie und warum ein Kunde Ihre Produkte oder Dienstleistungen kauft.
Die 5 Rings of Buying Insights
Ein Modell, das Ihnen die Orientierung erleichtert, hat die US-amerikanische Marketing-Beraterin Adele Revella entwickelt: Die 5 Rings of Buying Insights.
Revella hat damit alle zentralen Dimensionen über eine Buyer’s Journey beschrieben. Diese strukturieren, welche Informationen Entscheider*innen von Ihrem Content Marketing benötigen und wie sie ausgestaltet werden müssen.
Warum sollte das Marketing überhaupt Buyer Personas erstellen?
Die meisten Ideen und Initiativen, die wir im Marketing entwickeln, basieren lediglich auf eigenen Vermutungen. „Educated Guesses“, erfahrungsbasierte Vermutungen, so formuliert es z. B. Adele Revella, die neben Tony Zambito weltweit zu den führenden Buyer-Persona-Thought-Leadern zählt.
Mit Buyer Persona Templates entstehen im Marketing entweder
- undifferenzierte Ansätze, die sich an jeden richten („Marketing für jedermann“), oder
- Konzepte, bei denen Marketing-Teams sich zu stark auf ihr eigenes Produkt oder ihre Dienstleistung konzentrieren.
Was dagegen fast immer zu kurz kommt, sind die Stimmen der Kunden über ihre Buyer’s Journey. Sie bilden jedoch den Kern einer guten Buyer Persona:
„Organisations that take the time to understand their buyer personas escape the trap of selling the wrong people at the wrong time. You will see that being helpful and informative rather than hyping, your marketing will come alive.“
(Adele Revella: Buyer Personas, 2015)
Eine Buyer Persona erfordert Customer-Insights
Im Grunde ist eine Buyer Persona ein Tool, mit dem Anbieter auf die veränderten Kaufentscheidungsprozesse im B2B-Bereich reagieren. Unternehmen treffen heutzutage auf Kunden, die dank Google & Co. wesentlich besser informiert sind als früher. Diese wünschen sich Gespräche auf Augenhöhe und recherchieren daher intensiv alle Einflussfaktoren, bevor sie sich zu einem Termin mit einem Anbieter bereiterklären.
Dieser Trend nimmt weiter zu. Der Zeitpunkt der Kontaktaufnahme bzw. -bereitschaft verlagert sich immer weiter in Richtung Entscheidung.
Um eine solche Buyer’s Journey beeinflussen und mit Strategien wie Inbound Marketing bedienen zu können, müssen Unternehmen verstehen, wie Kunden bis zum ersten Kontakt mit dem Vertrieb agieren, welche Fragen sie im Rechercheprozess haben und wie die Entscheidungsfindung organisiert ist. Diese Customer Insights können Sie nicht intern entwickeln. Sie müssen dafür mit Ihren Kunden sprechen.
Buyer-Persona-Mythen sind so alt wie das Konzept selbst
Dass über Buyer Personas auch heute noch so viele Mythen im Umlauf sind, liegt an den Ursprüngen des Konzeptes. Tony Zambito, der als „Erfinder“ des Buyer-Persona-Konzeptes gilt, ließ sich von der Arbeit des Software-Entwicklers Alan Cooper inspirieren. Dieser gehört zu den Pionieren der anwenderfreundlichen Programmierung und der Customer Experience.
Bereits in den 1990er-Jahren probierte Cooper bei der Entwicklung technischer Produkte und der Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit etwas Neues aus: Statt seine Projektmanagement-Software wie üblich ohne externen Input zu programmieren, entschloss er sich, mit potenziellen späteren Nutzern über deren Anforderungen an die Software zu sprechen.
Buyer Persona und User Persona
Auf Basis der Einsichten, die er während der Gespräche gewann, entwickelte er einen Nutzertypus, dem er den Namen „Kathy“ gab: Ein fiktiver Mensch mit Erwartungen, Wünschen, Hobbys und Charakterzügen, den er sich beim Programmieren später stets vor Augen führte. Seine User Persona.
Coopers Vorgehensweisen adaptierte Zambito um die Jahrtausendwende für die Arbeit im Marketing. Seitdem hat er zahlreiche Buyer-Persona-Profile für Konzerne und mittelständische Unternehmen entwickelt. Die Missverständnisse, die mit Blick auf das Werk von Cooper entstanden, konnte auch er aber bis heute nicht aus der Welt räumen:
„The rise in poularity of buyer personas has also meant a rise in people getting them wrong.“
(Tony Zambito: „10 Rules for Buyer Persona Development“)
Mythos 1: EINE BUYER-PERSONA IST EINE FIKTIONALE PERSON
Der erste Mythos ist vielleicht der verbreiteste. Hierzu gibt es zwei Varianten von ein und demselben Irrglauben:
- „Buyer Personas sind vollständig fiktionale Werke.“
- „Eine Buyer Persona ist (zumindest in Teilen) eine fiktive Person.“ Manchmal heißt es auch „Eine Buyer Persona ist keine reale, aber auch keine komplett fiktive Person“, „Eine Buyer Persona ist eine halbfiktionale Person“ oder „Eine Buyer Persona hat einen fiktiven Charakter“.
Die zweite Variante ist zwar verbreiteter als die erste. Aber auch von der ersten ist leider viel zu oft zu lesen. Gefühlt gibt es Tausende von Beiträgen im World Wide Web, in denen Sie die Gleichung „Buyer Persona = fiktional“ finden.
Das vollständig fiktionale Buyer-Persona-Profil
Konrad Sanders, der Geschäftsführer der Marketing-Agentur „The Creative Copywriter“, hat einen schönen Blogbeitrag über eine ihm bekannte Buyer Persona geschrieben. In dieser beschreibt ein Autor laut Sanders in Charles-Dickens-artiger Detailliertheit die Buyer Persona Sarah Cunningham.
Sanders Blogbeitrag trägt den schönen Titel „It‘s Not About The Tea…“. Es geht nicht um den Tee:
„Meet Sarah Cunningham, CMO at Vertus Capital Limited. She’s recently divorced with two kids; little Jess and Jimmy. Sarah likes to drink Earl Grey in the morning while leafing through the Guardian newspaper. After dropping off her kids at school, Sarah makes her way to work – usually getting caught in a traffic jam or two, which really gets her goat …“
Sanders kommentiert diesen Auszug so: „Yep. Four endless pages of frankly useless detail.“
Also: „Vier endlose Seiten von, ehrlich gesagt, nutzlosen Details.“
Buyer Persona Al hat einen Jack Russell
Das Traurige an dem Beispiel ist: Es handelt sich dabei um eine echte, von einer Agentur im Auftrag erstellte Buyer Persona. Sarah Cunningham. 4 Seiten!
Dazu passt der folgende Comic von Marketoonist sehr gut:
Der lustige kleine Cartoon trifft voll ins Schwarze. Die fiktiven Angaben über „Al“ mögen an eine konkrete Person erinnern. Aber wie Marketing und Vertrieb mit diesen Pseudo-Informationen zu mehr Geschäftsabschlüssen kommen sollen, weiß kein Mensch.
Ob der potenzielle Käufer eines ERP-Systems einen Hund hat oder eine Katze, ob er in einem tierfreien Nichtraucherhaushalt lebt, welche Eigenschaften sein Charakter hat, das alles ist im Hinblick auf den ERP-Kaufentscheidungsprozess irrelevant. So viel also zur Variante 1.
Das semi-fiktionale Buyer-Persona-Profil
Die semi-fiktive Variante 2 ist nicht viel besser. Zwar heißt es hier meistens: Die fiktive Person basiert auf echten Daten der Interessenten und Kunden. Letztlich zeichnet jedoch auch diese Variante ein falsches Bild. Bei einer Buyer Persona geht es nicht um ein paar demografische oder psychografische Merkmale, die dann mit einem erfundenen Namen und anderen ausgedachten Alltagsdetails zu einer fiktiven Person zusammengeschustert werden.
Eine gute Buyer Persona liefert stattdessen Einblicke in den realen Kaufentscheidungsprozess der Zielkäufer. Und sie basiert auf offenen Interviews mit Käufern.
„Creating a persona is not the same as hearing from real customers. Real customers are real people who will surprise you. Personas that we created are not going to surprise us, because we created them.“
(Kristin Zhivago, Roadmap to Revenue: How to Sell The WayYour Customers Want to Buy, 2011, S. 46)
Kundenzentrismus erfordert Kundenkontakt
Die Autorin des Zitats, die Marketing-Beraterin Kristin Zhivago, plädiert für eine kundenzentrische Ausrichtung von Unternehmen. Allerdings sitzt auch sie unserem ersten Buyer-Persona-Mythos auf.
Zhivago sagt, eine kaufprozessbezogene Ausrichtung eines Unternehmens setze voraus, dass zunächst Interviews mit realen Kunden geführt werden. Vom Konzept Buyer Persona hält sie hingegen nicht viel. Denn diese sind für sie unternehmenszentrisch. Sie werden ihrer Meinung nach unternehmensintern von Mitarbeitern im Unternehmen kreiert.
Sie geht also davon aus, dass wir eine fiktive Person erzeugen, und kritisiert dieses Vorgehen. In Wahrheit kritisiert sie aber nur diesen Mythos! Als Alternative zur Buyer Persona schlägt sie dann übrigens eine Vorgehensweise vor, die mit der von Tony Zambito im Grunde genommen völlig übereinstimmt.
„So avoid this image in your head that you’re just creating a fictitious person. It really is based on your interviews with real people.“
(Tony Zambito, Podcast „Buyer Personas featuring Tony Zambito and the Funnelholic“)
Abbildung der Buyer’s Story
Es geht bei einer echten Buyer Persona also um reale Käufer*innen und deren Erfahrungen im Kaufprozess. Und an diese psycho-soziale Realität gelangt man nur über offen geführte qualitative Interviews und professionell durchgeführte Analysen.
Sie sehen: Häufig sind die Autoren, die den Fiktions-Mythos verbreiten, selbst Buyer-Persona-Verfechter. Bei Kristin Zhivago liegt der interessante Fall vor, dass sie diesem Mythos ebenfalls aufsitzt, aber daraus dann den Schluss zieht, dass eine Buyer Persona nicht viel bringt. Viel besser sei es, offene Interviews mit echten Kunden zu führen.
Das wiederum entspricht genau dem, was eine Buyer Persona nach Zambito ist.
Mythos 2: EINE BUYER PERSONA IST EIN DATENBLATT BASIEREND AUF EINEM TEMPLATE
Zu den beliebtesten Long-Tail-Keywords im Zusammenhang mit Buyer Personas gehört „Buyer Persona Template“. Solche Templates oder Vorlagen sind derart stark verbreitet, dass die Leute mittlerweile aktiv danach suchen.
Ein typisches Buyer-Persona-Template „zum selber ausfüllen“ sieht in etwa so aus:
Der Vorteil einer solchen Vorlage liegt auf der Hand. Mit ein bisschen Brainstorming können die Mitarbeiter*innen eines Unternehmens innerhalb eines Meetings eine oder gar mehrere Personas entwickeln.
Dazu werden noch ein paar Porträt-Bilder aus Stockphoto-Datenbanken zusammengeklaubt und Namen (beliebt sind Alliterationen wie IT-Ingo oder Controlling-Corinna) hinzugefügt, damit das Marketing-Team sich die fiktiven Entscheider:innen bei Zielkunden noch lebhafter vorstellen kann.
Profiling ist der falsche Ansatz
Das alles ist am Ende des Tages leider wenig zielführend. So schreibt Adele Revella in ihrem Buch:
„Für viele Marketer ist das demografische Profil der Anfang und das Ende ihrer Buyer-Persona-Geschichte. Aber Marketer können einen viel größeren Nutzen aus Buyer Personas ziehen, wenn sie die Geschichte über die Entscheidung ihrer Käufer … mit einschließen.“
(Revella, „Buyer Personas“, S. 12)
Auch Tony Zambito kritisiert die Verwechslung von Buyer-Persona-Entwicklung mit einer Profiling-Übung:
„A rookie mistake is to take that kind of a profiling, slap a picture on it and call it a buyer persona. That’s a bad rookie mistake.“
(Tony Zambito, Podcast: „SalesChats E10 Improving Sales Effectiveness With Buyer Personas with Tony Zambito“)
Den Buying Process verstehen
In seinem Blogbeitrag „What is a Buyer Persona“ (2013) kommt Zambito auf seine 2002 eingeführte Buyer-Persona-Definition zurück. Wir erinnern uns: Dieser Definition zufolge beschreibt eine Buyer Persona, wer die Käufer sind, was sie zu erreichen versuchen, wie sie kaufen und warum sie Kaufentscheidungen treffen.
An diese Definition schließt Zambito in „What is a Buyer Persona“ folgende Äußerung an:
„You can see here, this has nothing to do with profiling. And it has everything to do with buying behaviour.“
„Your customers are driving the buying process“
Entscheidend ist also die Prozesshaftigkeit der Entscheidungsfindung. Sowohl den Buyer-Persona-Autoritäten Zambito und Revella als auch der Beraterin Zhivago, die Personas verkürzt als „character profiles“ interpretiert, geht es faktisch um dasselbe: Sie wollen Unternehmen dazu zu bringen, die „buying experience“, die Kauferfahrung bzw. den Kaufprozess, ihrer Kunden zu verstehen.
Zum Abschluss dieses zitatreichen Abschnittes noch eine letzte Aussage von Kristin Zhivago. Darin zeigt sie sehr schön auf, warum Unternehmen die „buying experience“ bzw. den „buying process“ kennen und verstehen lernen sollten:
„Your customers are driving the buying process. […] They know … how they want to buy. […] If you don’t support their process, they will simply take their money elsewhere.“
(Kristin Zhivago, „Roadmap to Revenue: How to Sell The Way Your Customers Want to Buy“, 2011, S. 19)
Wenn Sie diesen Prozess mit Ihrem Unternehmen optimal unterstützen möchten, müssen Sie ihn zunächst einmal verstehen. Das wiederum setzt voraus, dass man „in-depth conversations“, so Zhivago, mit Kunden führt, sie aufzeichnet, transkribiert und im Rahmen einer Analyse auswertet.
Mythos 3: DIE ERSTELLUNG EINER BUYER PERSONA IST EINFACH UND GEHT SCHNELL
Mythos 3 ist naturgemäß eng verwandt mit Mythos 2. Wenn eine Buyer Persona „nur so ein Datenblatt“ ist, dann ist es auch keine große Sache, eine Buyer Persona zu erstellen. So gibt es z. B. eine Menge Blogbeiträge, Videos und Social-Media-Posts, die Statements wie „Buyer Persona erstellen in wenigen Minuten. So einfach geht’s mit unserer Anleitung!“ enthalten.
Inzwischen finden sich sogar Buyer-Persona-Generatoren online. Diese Tools fragen ein paar ensprechende Kästchen-Fragen aus dem Template und spucken Ihrem Team dann eine fertige Buyer Persona mit Porträtbilchen aus.
Buyer-Persona-Templates sind verlockend
Für Laien klingen solche Versprechungen natürlich attraktiv. Schließlich haben nur die wenigsten von uns Zeit, Interviews zu planen, durchzuführen und auszuwerten.
Ein ähnliches Statement auf Twitter, bezogen auf ein Template des Marketing-Software-Unternehmens HubSpot, lautet:
„I just created my buyer persona in minutes with @HubSpot‘s new MakeMyPersona tool, try it out here: hubspot.com/make-my-persona.“
Das klingt wirklich zu schön um wahr zu sein. Allerdings sollten Sie zunächst einmal folgendes wissen: HubSpot vertreibt vor allem Inbound-Marketing-Software und sagt selbst, dass das wohl fundamentalste Element jeder erfolgreichen Inbound-Marketing-Strategie Buyer Personas sind. Um die kommt man also nicht herum, wenn man Interesse an dem von HubSpot eingeführten Inbound-Marketing-Ansatz hat.
Deswegen hat HubSpot durchaus ein Interesse daran, Buyer-Persona-Entwicklung wie ein Kinderspiel erscheinen zu lassen. Vorlage runterladen, ausfüllen – und fertig ist die Laube. Kein Thema.
Ein Persona-Template basiert immer auf Vermutungen
Aber das ist tatsächlich ein Irrglaube. Und HubSpot weiß das im Übrigen auch sehr genau. Der HubSpot-Experte Dean Swanich schreibt beispielsweise in einem Beitrag unter der Überschrift: „Tipp # 2: Take a data-driven approach“:
„Another common mistake during the process of creating buyer personas is to base them on assumptions.“
Es sollte klar sein, dass alle, die ein downloadbares Persona-Template in ein paar Minuten ausfüllen, genau das tun: Sie tragen ungestützte Annahmen über ihre Kunden in die Leerstellen ein. Nur deswegen ist die Sache für sie so schnell erledigt.
Eine Buyer Persona beschreibt keine Personen, sondern Prozesse
Eins sollten Sie sich mit Blick auf Buyer-Persona-Templates immer vor Augen führen: Egal, wie viele Kategorien eine solche Vorlage enthält, es bleibt ein statisches Klassifikationssystem. Und mit dem können Sie keinen Prozess abbilden. Die Story des Käufers, seine „buying experience“ und seinen „buying process“, können Sie nicht in ein solches Kategoriensystem pressen.
Aber darum geht es im Kern. Um einen Ablauf, den Kaufentscheidungsprozess. Darin stimmen sowohl Zambito und Revella als auch Zhivago überein. Einen Ablauf können Sie nicht in ein paar Kästchen unterbringen.
Ein noch viel größeres Problem wird hier ebenfalls deutlich: Auch das beste Template ist nur so gut wie die Informationen, die dort hineingepackt werden.
Wenn ich zum Beispiel die typischen Probleme und Ziele meiner Kunden kennenlernen will, dann verrät mir das Template darüber gar nichts, egal wie ausgefeilt es ist. Ich muss entweder Mutmaßungen darüber anstellen oder echte Kunden befragen.
Nur wenn ich letzteres tue, kann ich überrascht werden und Neues erfahren. Das ist eine gute Sache – aber ebene keine, die in wenigen Minuten erledigt ist.
„Gaining insights on buyers is hard work“
Ziehen wir abermals unseren Gewährsmann Tony Zambito heran. In seinem Blogbeitrag „5 Reasons For Poor Buyer Personas Steering the Marketing In The Wrong Direction“ (2014) schreibt er:
„There is much content out there on buyer personas I would put in this category. Making it seem like it is an easy 1, 2, 3 and voila! Gaining insights on buyers … is hard work. It takes sound use of resources, talent and the right level of qualitative research know-how to produce value in buyer personas.“
Kurzum: Beiträge wie „In 5 Minuten zur Buyer Persona: Unser Guide mit Tipps und Tricks“ können Sie vergessen. Das ist so, wie wenn jemand verspricht, Ihnen einen neuwertigen Porsche 911er für 1.000 Euro zu besorgen. Ja, es klingt richtig gut. Aber es stimmt einfach nicht.
Sie müssen schon etwa acht bis zwölf ausführliche Interviews mit Kunden führen, diese verschriften und anschließend auswerten. Ausführlich heißt hier: mindestens eine halbe Stunde, besser noch eine ganze Stunde sollten Sie definitiv mit einem Ihrer Kunden über deren Kaufentscheidung sprechen.
Die Planung, Durchführung und Analyse des Buyer-Persona-Projektes dauern dann letztlich – auch für erfahrene Interviewer und Auswerter – nicht Minuten, sondern Tage und Wochen. Das ist nun einmal so.
Wie Sie Buyer-Personas erstellen – ohne Templates und Vorlagen
Das sind aus unserer Sicht die drei größten Mythen, die über Buyer Personas im Umlauf sind. Sie alle tragen dazu bei, dass nur wenige Unternehmen echte Buyer Personas nutzen, um ihre Marketingstrategie auf ihre Zielkunden auszurichten.
Für Sie besteht durch diese Mythen eine Chance: Mit hoher Wahrscheinlichkeit arbeitet auch Ihre Konkurrenz nicht mit echten Buyer Personas. Daher können Sie sich von Ihren Wettbewerbern abgrenzen, eventuelle Vermarktungshürden umgehen und eine Marketing Kampagne aufziehen, die wirklich zu den Bedürfnissen und Anforderungen Ihrer Zielgruppe passt (Customer-led Growth).
Wenn Sie noch mehr über das Buyer-Persona-Konzept erfahren oder gleich damit beginnen wollen, empfehlen wir Ihnen unser Whitepaper „Wie Sie Buyer Personas entwickeln und wozu eigentlich“. In diesem Leitfaden beschreiben wir den dazugehörigen Interview- und Analyse-Prozess ausführlich.