Strategien wie Inbound Marketing setzen darauf, die Bedürfnisse von Kunden im Kaufentscheidungsprozess bestmöglich zu bedienen. Das sagt sich so leicht. Wie finden Unternehmen heraus, welche Bedürfnisse und Anforderungen ihre Zielgruppen während der Buyer’s Journey haben? Dafür braucht es eine professionell erstellte Buyer Persona.
Wer sich mit modernem B2B-Online-Marketing befasst, stößt schnell auf den Begriff „Buyer Persona“. Doch was ist das eigentlich? Was genau bedeutet der Begriff?
Es lässt sich zwar leicht mit ihm hantieren, denn eine vage Vorstellung kann man relativ schnell damit verbinden. Doch eine klare, differenzierte Definition fällt nicht leicht. Eine Buyer Persona ist etwas anderes als eine reale Person, aber sie verweist auf ihn. Eine Buyer Persona ist eine Art Dummy, der die Kunden (bzw. die typischen Kunden) „irgendwie“ zu repräsentieren scheint.
Buyer Personas nach Adele Revella
Die US-amerikanische Unternehmensberaterin Adele Revella bestimmt den Ausdruck in ihrem Buch „Buyer Personas“ (Wiley 2015) wie folgt:
„In the simplest terms, buyer personas are examples or archetypes of real buyers that allow marketers to craft strategies to promote products and services to the people who might buy them.”
(Ganz einfach ausgedrückt sind Buyer Personas Beispiele oder Archetypen von realen Kunden, die Marketern die Möglichkeit geben, Strategien zu entwerfen, um Produkte oder Dienstleistungen den Leuten anzubieten, die sie kaufen könnten.)
Buyer Personas sind Archetypen – keine Personen?
Gut, Buyer Persons sind also Archetypen realer Kunden.
Archetyp – ein schickes Wort, aber was bedeutet es? Archetyp kommt aus dem Altgriechischen und setzt sich aus arché (Ursprung) und typos (Vorbild/Skizze) zusammen. In der Philosophie wird mit diesem Wort „die metaphysische Wesenheit“ oder auch „der idealtypische Vertreter einer Idee“ bezeichnet. Keine sehr leicht greifbaren Begriffe. In der analytischen Psychologie ist damit wiederum „eine Struktur menschlicher Vorstellungs- und Handlungsmuster“ gemeint. Struktur, auch wieder so ein beliebtes Wort, das sich schwer packen lässt.
Vielleicht könnte man unter Archetyp auch ein Muster menschlicher Vorstellungs- und Handlungsstrukturen verstehen. Warum nicht? Aber was genau ist eigentlich der Unterschied zwischen der „Struktur eines Handlungsmusters“ und dem „Muster einer Handlungsstruktur“?
Kurz und gut, klarer wird die Sache auf diese Weise nicht. Ein Begriff, von dem ich nur eine vage Vorstellung habe, wird durch einen Begriff erklärt, von dem ich nur eine vage Vorstellung habe…
Die Herkunft des Begriffs Buyer Persona
Wo kommt der Ausdruck Buyer Persona überhaupt her? Vielleicht gelingt über die Herkunft eine bessere Annäherung an den Begriff.
Der Ausdruck Persona geht auf den Softwareentwickler und späteren IT-Berater Alan Cooper zurück. Bevor Cooper eine Projekt-Management-Software entwickelte, führte er Interviews mit potenziellen Nutzern dieser Software durch, um etwas über ihre Denk- und Handlungsgewohnheiten zu erfahren. Er erschuf eine User Persona, der er den Namen Kathy gab. Kathy war eine ausgedachte und konstruierte Figur, in die aber die Erkenntnisse geflossen waren, die Cooper in seinen Gesprächen mit realen Personen gewonnen hatte. Cooper führte auf seinen Spaziergängen sogar imaginäre Dialoge mit „seiner“ Kathy.
Die Software, die Cooper schließlich programmierte, war extrem benutzerfreundlich und wurde ein großer Erfolg, weil Cooper durch seine Interviews ziemlich gut wusste, welches Verhalten die Nutzer wann von seinem Programm erwarteten. Und er hatte das Programm natürlich so geschrieben, dass diese Erwartungen auch erfüllt wurden.
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Cooper in seinem viel beachteten Buch „The Inmates Are Running the Asylum“ über seine Personas:
„Personas are not real people, but they represent them throughout the design process. They are hypothetical archetypes of actual users. Although they are imaginary, they are defined with significant rigor and precision. Actually, we don’t so much ‘make up’ our personas as discover them as a byproduct of the investigation process.”
(Personas sind keine realen Menschen, aber sie repräsentieren sie während des Designprozesses. Sie sind hypothetische Archetypen wirklicher Nutzer. Obwohl sie imaginär sind, sind sie mit erheblicher Genauigkeit und Präzision definiert. Tatsächlich denken wir unsere Personas nicht so sehr aus, sie sind mehr ein Nebenprodukt des Nachforschungsprozesses.) – zitiert nach Revella 2015, S. 23.
Personas – reine Konstruktionen oder Abbilder der Wirklichkeit? Sowohl als auch.
Personas, “hypothetische Archetypen”, sind einerseits imaginäre Gebilde, anderseits aber auch nicht, denn es steckt – über die Interviews – viel Wirklichkeit in ihnen.
Anhand dieser Begriffsbeschreibung nähern wir uns endlich unserer Definition von Buyer Personas:
Eine Buyer Persona ist eine modellhafte Beschreibung eines Zielkunden. Sie zeigt, wie dieser Kunde „tickt“, was er zu erreichen versucht, welche Ziele sein Handeln antreiben und wie er Kaufentscheidungen trifft.
Was bringen Buyer Personas?
Über die Entwicklung von Buyer Personas lernt ein Unternehmen das Mindset seiner Kunden kennen. Es erfährt mehr über deren tatsächliche Erwartungen und kann diese z. B. in der Kommunikation (z. B. im Content Marketing) dann gezielt ansprechen.
Wenn Sie beispielsweise als Anbieter einer Software wissen, dass es für einen spezifischen Kundentypus äußerst wichtig ist, eine bestimmte Aufgabe schnell und einfach per Drag-and-Drop-Befehl zu bewältigen, dann können Sie, wenn Ihre Lösung das leistet, dies auch präzise kommunizieren.
Leider mangelt es in Unternehmen häufig an diesem so wichtigen Kundenwissen.
Über Interviews mit realen Kunden lässt sich dieses Wissen aber durchaus generieren. Offene Interviews mit Kunden, die aufgezeichnet, transkribiert und schließlich analysiert werden, liefern die Datenbasis für aufschlussreiche Buyer Personas – solche, die genuine Buying Insights enthalten.
Eine gut entwickelte Buyer Persona ermöglicht es einem Unternehmen, seine Kunden besser zu verstehen und die Kommunikation in jeder Phase des Entscheidungsprozesses präziser auf die Kundenerwartungen zuzuschneiden.
Um diese Informationen zu erhalten, sind offene, qualitative Interviews mit Kunden und Interessenten unabdingbar. Dadurch erhalten Sie ein Werkzeug, mit dem Sie Ihre Kommunikation stärker auf Ihre Zielkunden ausrichten können. Und das wiederum erhöht die Qualität Ihrer Leads (und jeder Marketing-Kampagne).
Zusammengefasst
Wer heute online Leads gewinnen will, muss seine Strategien und Angebote auf die Herausforderungen seiner Kunden ausrichten. Denn uniformer Standard-Content lockt keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Um sich von diesem Standard abzuheben, müssen Sie allerdings genau verstehen, was Ihre Zielkunden bewegt – und das funktioniert u. a. mit einer fundierten Buyer-Persona-Analyse.
Buyer Personas sind modellhafte Kundenbeschreibungen. Sie offenbaren, wie diese Menschen denken, was sie erreichen wollen, welche Ziele sie verfolgen und wie sie Kaufentscheidungen treffen. Es handelt sich um künstliche, aber „wirklichkeitsgesättigte“ Konstruktionen. Infolge dessen sind sie geeignet, reales Nutzerverhalten (User Personas) bzw. reales Kundenverhalten (Buyer Personas) zu repräsentieren.
Wichtig ist in diesem Kontext der Begriff „real“. Im Internet kursieren zahlreiche Buyer-Persona-Templates, mit denen sich eine Persona (oder gleich Dutzende) angeblich innerhalb weniger Minuten erstellen lässt. Diese Templates resultieren aber leider nur in Brainstormings, in denen das Marketing (ggf. unterstützt vom Vertrieb) interne Mutmaßungen über die Merkmale einer Zielgruppe zusammenträgt. Dazu fokussieren sich Vorlagen in der Regel auf irrelevante Informationen, die mit der Kaufentscheidung nichts zu tun haben (z. B. Alter, Hobbys, Familienstand).
Lassen Sie sich nicht verwirren: Echte Buyer Personas setzen voraus, dass Sie mit Ihren Kunden reden. Mit einer Vorlage aus dem Internet vergeuden Sie lediglich Zeit und Ressourcen.