Inbound Marketing ist für viele Unternehmen effektiv. Frei von Schwächen ist es aber nicht. Manche davon sind so gravierend, dass einigen Anbietern vom Inbound-Ansatz eher abzuraten ist.
Zum Glück ist es nicht so, als gäbe es keine Alternativen. Denn mit Account-based Marketing (ABM) lassen sich einige Schwächen des Inbound Marketings umgehen.
Inbound-Marketing-Schwäche I: Der Fokus auf die Masse
Ein Lead ist im Inbound Marketing eine Person, die sich auf Ihrer Webseite registriert und die Sie anschließend durch Nurturing-Maßnahmen weiter entwickeln. Es handelt sich dabei aber nur um einen einzelnen Vertreter eines Unternehmens. Sie können damit nur schwer komplette Accounts (also Unternehmen) bzw. Entscheidungsgremien ansprechen.
Nehmen wir z. B. an, jemand kommt auf Ihre Webseite und registriert sich nicht. Sie wissen aber, dass dieser Besucher sich mehrere Unterseiten angesehen und somit ein Kaufinteresse signalisiert hat. Wäre es dann nicht schön, automatisiert eine E-Mail an alle Ihre Bestandskontakte in diesem Unternehmen zu schicken?
Das wäre es. Da Ihnen jedoch die Informationen zur IP-Adresse dieses Unternehmens fehlen, können Sie lediglich darauf hoffen, dass Ihr Besucher seine Daten in einem Ihrer Formulare einträgt.
Account-based Marketing geht hier anders vor: Im ABM steht nicht die Registrierung, sondern der verwendete IP-Adressbereich eines Kundenmitarbeiters im Mittelpunkt. Identifiziert wird also ein Unternehmen und nicht die konkrete Person. Dies geschieht mithilfe dedizierter Software-Lösungen, die im Inbound-Ansatz klassischerweise nicht vorgesehen sind.
Der Fokus auf die Masse ist eine der größten Schwächen, die Inbound Marketing aufweist. Sie betrifft vor allem Unternehmen, deren Angebot sich an eine überschaubare Zahl an Zielkunden richtet. Denn Inbound Marketing ist von Natur aus nicht dafür geeignet, „Marketing für Wenige“ aufzubauen. Stattdessen handelt es sich um eine Form des (kleinen) Massenmarketings, bei dem Streuverluste zum natürlichen Lauf der Dinge gehören.
Inzwischen bieten Lösungen wie HubSpot mit ihren CRM-Funktionen auch die Konsolidierung auf Unternehmensebene an. Dadurch erkennen Anwender, dass mehrere Mitarbeiter des Zielkunden mit der eigenen Webseite und dem eigenen Content interagieren. Dies ist aber noch nicht bei allen Inbound-Marketing- bzw. Marketing-Automation-Lösungen der Fall.
Dazu erfolgt die Bearbeitung immer noch personenbezogen. Einen Workflow aufzusetzen nach dem Motto „wenn der eine Mitarbeiter auf meine letzten drei E-Mails nicht reagiert hat, dann bearbeite ich jetzt den anderen Mitarbeiter meines Zielkunden“ ist schwierig (oder gar nicht) umsetzbar.
Durch das IP-basierte Vorgehen im Account-based Marketing umgehen wir übrigens ein Problem, dessen sich jeder spätestens seit dem Frühjahr 2018 bewusst sein sollte: Datenschutz und die DSGVO. Wir hantieren nicht mit persönlichen Daten, sondern immer mit aggregierten Daten auf Unternehmensebene. An der Stelle atmen einige in unseren Präsentationen immer erleichtert auf.
Inbound-Marketing-Schwäche II: Viele Zielkunden wissen Bescheid
Ein weiteres, wachsendes Problem im Inbound Marketing betrifft grundsätzlich alle Anwender: Unsere potentiellen Kunden verstehen das Spiel immer besser. Sie wissen: Wenn sie sich für den Download eines Whitepapers registrieren, landen sie in einer Datenbank, werden mit einem Newsletter bespielt, vielleicht sogar angerufen.
Früher oder später sollen sie also erklären, warum sie sich für ein bestimmtes Thema interessieren. Dementsprechend sind viele Ziel-Kunden vorsichtiger geworden. Gerade dann, wenn sie in ihrem Entscheidungsprozess noch nicht sonderlich weit gekommen sind.
Mit ABM können wir dieses Problem ein Stück weit umgehen. Mit Software-Unterstützung lässt sich das Retargeting, das im Inbound Marketing personenbasiert ist, unternehmensweit aussteuern. Hat das System anhand der IP-Adresse erkannt, dass ein Mitarbeiter eines ihm bekannten Unternehmens eine Produktseite besucht hat, bekommt nicht nur er die dazu passenden Anzeigen zu sehen. Das gleiche gilt auch für seine Kollegen, wobei die kaum wissen können, dass ihnen die Werbung nicht ohne Anlass angezeigt wird.
Auf demselben Prinzip basieren auch E-Mail-Kampagnen, die wir im Account-based Marketing entwerfen. Haben wir einen Kontakt in einem unserer Ziel-Accounts identifiziert, erhält nicht nur er eine E-Mail mit Produktangeboten oder Informationen. Die gleiche E-Mail bekommen auch alle anderen Kontakte, die uns in diesem Ziel-Account bekannt sind.
ABM ist eine Strategie aus dem Bereich der Demand Generation (Nachfragegenerierung). Wenn Sie darüber mehr lesen möchten, empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag „Demand Generation im B2B Marketing„. Darin erklären wir die wichtigsten Grundprinzipien, Methoden und Strategien.
Darüber hinaus geht es im Account-based Marketing darum, jeden Zielkunden und jedes Account-Segment so individuell wie möglich anzusprechen. Im Idealfall erstellen wir Angebote, die so genau auf die Anforderungen eines Accounts passen, dass dessen Mitarbeiter praktisch gar nicht anders können, als zuzuschlagen. Dann spielt es auch keine Rolle mehr, ob sie ahnen, dass hinter dem Angebot ein wenig Berechnung steckt.
Stellen Sie sich beispielsweise vor, eine Social-Media-Agentur, die auf ABM setzt, hat Edeka als wichtigen Ziel-Account identifiziert. Dann macht es Sinn, wenn die Agentur allen Edeka-Managern einen Analysebericht mit dem Titel „REWEs Social-Media-Aktivitäten“ kostenlos anbietet. Sie kann dieses Edeka-spezifische Content-Angebot z. B. über Ihre Webseite unterbreiten. Nur Edeka-Entscheider sehen es.
Das setzt natürlich voraus, dass Edeka-Manager die Seite dieser Social-Media-Agentur besuchen. Das ist nicht unbedingt wahrscheinlich. Deswegen sollte die Agentur zusätzlich oder alternativ eine account-basierte Online-Anzeigen- oder E-Mail-Kampagne starten. Bekommen die Entscheider auf Kundenseite etwas davon zu Gesicht, kann die Agentur fast sicher sein, dass ihr Bericht bereitwillig und gerne gelesen wird.
Dieses Vorgehen ist natürlich aufwendig. Denn Angebote, die wir im Account-based Marketing konzipieren, müssen so interessant, relevant und wertvoll für die Entscheider unseres Ziel-Accounts sein, dass sie es praktisch nicht ablehnen können. Lesen die Entscheider in unserem Edeka-Beispiel den Bericht über die Social-Media-Aktivitäten ihres Unternehmens und zeigt dieser Bericht ihnen plausibel auf, wie sie ihre Aktivitäten ohne allzu großen Aufwand merklich effektiver gestalten können, kann das bei ihnen den gewünschten Entschluss reifen lassen. Nämlich den, mit genau dieser Social-Media-Agentur zusammenzuarbeiten.
Fazit
In diesem Beitrag haben wir zwei Gründe vorgestellt, die auf den ersten Blick sehr stark für Account-based Marketing sprechen. Genauso wie Inbound Marketing ist aber auch ABM nicht frei von Schwächen. Die größte ist, dass es deutlich aufwendiger ist als Inbound Marketing.
Je nachdem, welchen ABM-Ansatz Sie anwenden, entwerfen Sie für einzelne Accounts oder Account-Gruppen jeweils eigene Programme und Kampagnen. Diese müssen Sie mit großen Ressourcen-Einsatz zielgerichtet gestalten.
Inbound Marketing mag nicht perfekt sein. Es ist aber immer noch effizienter als ABM, das Anwender ohne die dafür nötigen Ressourcen durchführen. Dazu können Sie auch eine Art „Inbound-ABM-Hybrid“ entwerfen, der Accounts mit ABM-Maßnahmen bearbeitet und die Kontakte dieser Accounts dann in Inbound-Marketing-Programmen entwickelt. Denkbar ist auch, wie im ABM gelegentlich Outbound-Maßnahmen einzustreuen, um Leads zu gewünschten Aktionen zu triggern.